PSEUDO-DOKUMENTATIONEN: ZUM VERSCHWIMMEN DER GRENZE ZWISCHEN REALITÄT UND FIKTION IN DEN MEDIEN[1]

Abstract

This contribution focuses on pseudo-documentaries on the internet which are regarded as the most recent example of the present-day media trend towards an increasing blurring of the line between fact and fiction. After outlining the tradition of especially audiovisual hybrid media products in which pseudo-documentaries can be seen to stand, various approaches for [distinguishing between fact and fiction are discussed and a three-pronged model for evaluating the reality status of media products is presented. On the basis of this model, pseudo-documentaries are reconstructed as a type of fiction that lacks any clear paratextual signals as to its fictional status; instead, the impression is created (as part of the plot) that product actually constitutes fact. This impression is further supported by a highly realistic production mode that is achieved by presenting a large amount of seemingly authentic material. With respect to content, however, most pseudo-documentaries contain highly implausible as well as topical elements which in turn can function as signals pointing recipients to the fictional status of these products. Content analysis of a random sample of e-mails from internet newsgroups about the pseudo-documentary horror film The Blair Witch Project shows, however, that approximately one third of these recipients are somewhat confused concerning the reality status of the film, basing their evaluation for the most part on information obtained from other media products. Even those recipients who correctly consider the film to be fiction or a hybrid hardly ever make use of the strongest signals to that effect contained in the product, but rely on mediated information instead. These results are supported by a comparison with two companion studies.

0. Einleitung

»Who killed William Henry Gates III and why?«, so lautet die Überschrift auf der Internet-Einstiegsseite der Citizens for Truth, einer, so scheint es, US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Bill Gates tot?[2] Wer sich, von dieser Schlagzeile verführt, die Mühe macht, der Sache genauer nachzugehen, erfährt Folgendes: Am 2. Dezember 1999 wurde Bill Gates, der Gründer und Firmenchef von Microsoft, vom Dach des Park Plaza Hotel in Los Angeles erschossen, während er im MacArthur Park an einer Wohltätigkeitsveranstaltung teilnahm. Unmittelbar im Anschluss an die Tat gelang es der Polizei, den Täter zu identifizieren: den 24jährigen Afro-Amerikaner Alek Hidell, der seinen Schuss als den Auftakt zu einem amerikanischen Bürgerkrieg von Arm gegen Reich verstanden sehen wollte. Zu einer Festnahme kam es jedoch nicht, denn Hidell beging in der Tiefgarage des Park Plaza mit seiner Pistole Selbstmord.

So lautet zumindest die offizielle polizeiliche Version der Ereignisse – die jedoch erheblichen Raum für Zweifel lässt: Warum wurden am Tatort zwei Schüsse gehört, und wer feuerte den zweiten Schuss ab? Wer war der Unbekannte, den eine Zeugin wenige Minuten nach dem Mord vom Tatort wegrennen sah? Und hatte der Zeuge, dessen Aussage zur versuchten Festnahme Hidells führte, auf dem Dach des Park Plaza wirklich einen Menschen mit dunkler Hautfarbe gesehen – oder lediglich eine dunkle Silhouette gegen das Sonnenlicht?

Um solchen Ungereimtheiten nachzugehen, wird wenige Tage nach dem Attentat Citizens for Truth gegründet. Citizens for Truth setzen sich für die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission ein, sie nehmen Einsicht in die Untersuchungsakten, re-analysieren die vorliegenden Zeugenaussagen, führen auf eigene Faust weitere Befragungen durch und so weiter. Ihr Logo: die zerbrochenen Brillengläser von Gates.

Allerdings sind die Webseiten der Citizens for Truth sowie einige wenige assoziierte Webseiten die einzigen Medien(produkte), in denen über die angebliche Ermordung von Bill Gates berichtet wird (ein Gesichtspunkt, der in den Produkten selbst übrigens keine Erwähnung findet).[3] Vor diesem Hintergrund liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Webauftritt der Citizens for Truth nicht um den Versuch eines Häufleins Gerechter handelt, sich gegen eine weltweite Verschwörung zur Wehr zu setzen, sondern lediglich um eine Variante eines Medientrends, der sich in den vergangenen Jahren immer weiter verstärkt hat: des Trends zur Hybridisierung, zur Vermischung von Dokumentarischem und Fiktionalem, zum Überschreiten der Grenze zwischen Realität und Fiktion.[4]

Im Folgenden soll zunächst genauer auf die Tradition solcher hybriden Medienprodukte insbesondere im Bereich der audiovisuellen Medien eingegangen werden, die als Vorläufer von Pseudo-Dokumentationen im Internet gelten können (1.) Mit der Rede von Hybridprodukten wird zugleich die traditionelle Dichotomie zwischen ›Fiction‹ und ›Non-Fiction‹ in Frage gestellt. Entsprechend wird im nächsten Schritt aufgezeigt, dass es im Rahmen der Fiktionalitätstheorie bisher nicht gelungen ist, eindeutige Definitionsmerkmale von ›Fiktion‹ und ›Fiktionalität‹ zu entwickeln (2.1). Ausgehend von pragmatischen Fiktionalitätstheorien wird als Alternative ein Drei-Perspektiven-Modell von Fiktionalität dargestellt, das es gerade erlaubt, Übergänge zwischen ›Fiction‹ und ›Non-Fiction‹ zu modellieren (2.2) und das daher für die Rekonstruktion von Hybridprodukten wie den Pseudo-Dokumentationen besonders geeignet erscheint. Auf der Grundlage einer solchen Rekonstruktion für zwei ausgewählte Pseudo-Dokumentationen (Blair Witch Project und Citizens for Truth: 3.1) werden zentrale Merkmale des Genres der Pseudo-Dokumentation herausgearbeitet (3.2). Auf Grund des Spiels mit ›Realität‹ und ›Fiktion‹, wie es sich in diesen Merkmalen manifestiert, stellt sich die Frage, wie Mediennutzer(innen) mit solchen Mischformen zwischen Fiktion und Dokumentation umgehen, ob und gegebenenfalls inwieweit sie durch die neuen Formate verunsichert werden oder das Spiel mit Realität und Fiktion im Gegenteil durchaus zu genießen in der Lage sind. Dieser Frage wird abschließend am Beispiel einer Rezeptionsstudie genauer nachgegangen (4.), deren Ergebnisse auch durch andere, derzeit noch laufende Untersuchungen bestätigt werden (5.).

1. Pseudo-Dokumentationen: Die Tradition der Hybridprodukte

In unserer Gesellschaft kann die Trennung zwischen ›Fakten‹ und ›Fiktionen‹, zwischen einem alltäglichen und einem ästhetischen Handlungs- und Kommunikationssystem als konventional etabliert gelten, wobei diese Trennung zugleich mit unterschiedlichen Ansprüchen und Erwartungen an die jeweiligen Medienprodukte einhergeht: Von faktischen, dokumentarischen Medienprodukten erwarten wir – grob gesprochen – dass diese etwas über Sachverhalte in der ›realen Welt‹ aussagen; tun sie dies nicht, so können Rezipient(inn)en (wie etwa im Fall der angeblichen Hitler-Tagebücher) den fehlenden Wirklichkeitsbezug einklagen. Fiktionen werden dagegen nicht nach den Kriterien der Wahrheit oder der Nützlichkeit bewertet; hier werden vielmehr andere, ästhetische Gesichtspunkte relevant, wie beispielsweise Gefallen, innovativer Charakter und anderes mehr (ausführlich unten 2.1).[5]

Vor dem Hintergrund dieser basalen Unterscheidung haben sich jedoch vielfältige Überlappungsbereiche zwischen dem Faktischen und dem Fiktionalen herausgebildet. Der historische Roman, Biographie und Autobiographie, die Reiseerzählung lassen sich sämtlich als Mischformen auffassen, die zu je unterschiedlichen Anteilen fiktive und dokumentarische Elemente enthalten. Auch die Urban Legends, wie etwa haarsträubende Erzählungen von Tarantelfamilien, die sich in der geschenkten Yucca-Palme eingenistet haben, bewegen sich im Sinne einer modernen Folklore in der Grauzone zwischen dem Faktischen und dem Fiktionalen.[6] Dies gilt ebenso für die Bekenntnisliteratur, die den Umgang mit schwierigen Lebenssituationen und Schicksalsschlägen in den Mittelpunkt stellt (wie etwa Betty Mahmodys Bestseller Nicht ohne meine Tochter).

Als bekanntestes Beispiel eines Hybridprodukts aus dem Hörfunkbereich kann sicherlich Orson Welles' Adaptation des Romans War of the Worlds von H. G. Wells gelten (Invasion from Mars), das am Abend des 30. Oktober 1938 in den USA als Hörspiel ausgestrahlt und (trotz des Sendedatums, nämlich am Abend von Halloween) zumindest von einigen Hörerinnen und Hörern als Nachrichtensendung missverstanden wurde.[7] Auch im filmischen Bereich existiert eine lange Tradition von Hybridprodukten, die von der Parodie (wie etwa This is Spinal Tap, der angeblichen Dokumentation über eine musikalisch gänzlich unbegabte Heavy Metal Band) über die Kritik am Wahrheitsanspruch des dokumentarischen Projekts (etwa in The Falls, einer Pseudo-Dokumentation von Peter Greenaway über 92 Personen, deren Namen mit den Buchstaben FALL beginnen und die sämtlich dem VUE, dem Violent Unknown Event, ausgesetzt waren) bis hin zum missverständlich-sophistizierten Spiel mit den Codes und Konventionen des Dokumentarischen reicht (beispielsweise in Forgotten Silver, einer australischen TV-Pseudo-Dokumentation über die Wiederentdeckung des Outback-Filmemachers John Silver, die von den Zuschauer(inne)n vielfach als tatsächliche Dokumentarsendung rezipiert wurde).[8] Diese Hybridprodukte aus dem AV-Bereich weisen mehrheitlich bereits das zentrale Charakteristikum der Pseudo-Dokumentationen auf: Es handelt sich in der Regel um fiktionale Produkte, für die jedoch ein Wirklichkeitsanspruch erhoben wird, wie er für non-fiktionale Produkte charakteristisch ist.

Während gerade die filmischen Pseudo-Dokumentationen über lange Zeit weitgehend ein Nischendasein führten, hat in den letzten Jahren eine erhebliche Popularisierung des Genres stattgefunden. Dazu hat zum einen die Entwicklung von TV-Sendeformaten wie etwa der Doku-Soap, des Reality-TV, der Reality-Soap und so weiter beigetragen (etwa im Stil von Big Brother, Inselduell, Die Fahrschule und so weiter). Zum anderen hat sich hier der – gänzlich unerwartete – Publikumserfolg des pseudo-dokumentarischen Horrorfilms The Blair Witch Project ausgewirkt: Der Film erzählt die Geschichte dreier Studierender der Filmwissenschaft, die im Rahmen eines Studienprojekts einen Dokumentarfilm über die legendäre Hexe von Blair, die Blair Witch, drehen wollen. Im Rahmen der Dreharbeiten planen sie, unter anderem drei Tage und Nächte in den Wäldern um das Städtchen Burkittsville, vormals Blair, zu verbringen, wo die Hexe noch immer ihr Unwesen treiben soll. Von diesem Unternehmen kehrten sie jedoch niemals zurück; ein Jahr später werden allerdings Teile ihres Filmmaterials, ihrer Ausrüstung sowie das Tagebuch von Heather, einer der Beteiligten, gefunden.[9]

Mit diesen neueren, populären Formen der Pseudo-Dokumentationen verlagert sich das Genre zugleich ins Internet. So bildet die gerade geschilderte Inhaltsbeschreibung den Ausgangspunkt der Werbung für The Blair Witch Project, die fast ausschließlich im World Wide Web stattfand. Dort heißt es: »In October of 1994, three student filmmakers disappeared in the woods near Burkittsville, Maryland, while shooting a documentary... A year later, their footage was found«; der Film selbst, so wird es den Zuschauern und Zuschauerinnen suggeriert, stelle einen Zusammenschnitt dieses dokumentarischen Materials der drei Studierenden dar. Darüber hinaus wird der Film durch eine ausführliche Homepage ergänzt, die diesen dokumentarischen Charakter noch weiter unterstreicht (siehe ausführlich unten 3.1).[10]

Im Internet haben sich Pseudo-Dokumentationen in zwei Richtungen weiterentwickelt. Die erste Richtung ist durch einen Produkttyp charakterisiert, der hier als partizipativ-immersive Internet-Fiktion bezeichnet werden soll. Der Grundgedanke des Genres besteht darin, die Wirklichkeiten fiktiver und realer Personen zu vermischen, reale Personen durch ihre Kommunikation mit fiktiven Charakteren an der Fiktion teilhaben, die Fiktion für die Teilnehmer(innen) somit Wirklichkeit werden zu lassen. Interaktivität wird hier im Sinne von Social Presence als wechselseitiger Bezug von realen und fiktionalen Personen realisiert, wobei es sich bei der vermeintlich sozialen Interaktion in der Tat um eine zweiseitige Form der Mensch-Maschine-Kommunikation handelt, die (je nach Produkt) synchron oder asynchron erfolgen kann.[11]

Eine solche partizipativ-immersive Fiktion stellt beispielsweise die Online-Soap OnlineCaroline dar.[12] Die Homepage von OnlineCaroline ist aufgebaut wie eine typische private Homepage, komplett mit Bildern von Carolines Freund David, der sich gerade auf Forschungsreise befindet, und einer Webcam. Caroline ist auf der Suche nach Online-Freundschaften: Wenn jemand sich auf der Seite anmeldet, schickt sie ihr oder ihm täglich eine E-Mail; zugleich ›erwartet‹ Caroline von den Nutzer(inne)n aber auch, dass sie im Rahmen von Fragebögen Auskunft über sich selbst geben: Sind sie männlich oder weiblich, wie alt, und was halten sie von Treue in der Partnerschaft? Die Antworten werden dazu verwendet, die E-Mails von Caroline zu personalisieren; jede Nutzerin und jeder Nutzer erlebt also ihre oder seine persönliche Version der ›Freundschaft‹ mit Caroline. Die Handlung selbst entfaltet sich jedoch unabhängig von der Person der Rezipient(inn)en: Carolines Freund David entpuppt sich als wahnsinniger Wissenschaftler, der Caroline nach der Rückkehr von seiner Forschungsreise zunehmend von der Außenwelt isoliert und schließlich – mit tödlichem Ausgang? – mit einem Messer über sie herfällt.

Bei der zweiten Variante von Hybridprodukten im Internet handelt es sich um die Weiterentwicklung der bereits beschriebenen Pseudo-Dokumentationen, wie sie bereits in anderen Medien (insbesondere den AV-Medien) existieren – um Fiktionen also, für die jedoch (je nach konkretem Produkt mehr oder weniger offen oder verdeckt) ein Wirklichkeitsanspruch erhoben wird. Zugleich ergeben sich mit der Verlagerung ins Internet jedoch neue Gestaltungsmöglichkeiten und etablieren sich neue Konventionen (siehe ausführlich unten 3.). Als typische Beispiele für solche Pseudo-Dokumentationen, die im Internet realisiert sind, können etwa die eingangs erwähnte Homepage der Citizens for Truth oder auch die Website zum Film The Blair Witch Project gelten. Solche Internet-basierten Pseudo-Dokumentationen sollen im Folgenden im Vordergrund stehen.

2. Die Unterscheidung zwischen Fiction und Non-Fiction

Mit der Charakterisierung von Pseudo-Dokumentationen als Fiktionen, die mit dem Anspruch eines Non-Fiction-Produkts auftreten, stellt sich zwangsläufig die Frage, was genau unter ›Fiction‹ zu verstehen ist und wie sie sich gegenüber dem Bereich der Non-Fiction abgrenzen lässt. In der literaturwissenschaftlichen Diskussion lassen sich im Wesentlichen drei Ansätze beziehungsweise Traditionen der Konzeptualisierung von Fiktion unterscheiden, die hier als darstellungsbezogen-formale, semantische und pragmatische Fiktionalitätstheorien bezeichnet werden.[13] Diese Ansätze werden im Folgenden diskutiert; anschließend wird ein pragmatisch orientiertes Modell zur Konzeptualisierung von Unterschieden und Übergängen zwischen ›Fiction‹ und ›Non-Fiction‹ dargestellt.

2.1 Fiktionalitätstheoretische Ansätze

Im Rahmen darstellungsbezogener Fiktionalitätstheorien wird versucht, unter Rückgriff auf formale Textmerkmale zu einer eindeutigen Bestimmung von Fiktionalität zu gelangen. Dieser Tradition ist beispielsweise die Postulierung der Differenz zwischen schreibender und erzählender Person (sensu Käte Hamburger) als Merkmal fiktionaler Texte zuzuordnen, wie sie sich unter anderem im epischen Präteritum oder in Verben der inneren Vorgänge und in Verben manifestiert,[14] ebenso narratologische Ansätze, die die Differenz zwischen Autor(in) und Erzählinstanz als »signposts of fictionality« in den Mittelpunkt stellen.[15] Allerdings ist eine Bestimmung der Erzählerrolle meist nur mittels Vergleich zwischen Informationen zur Erzähler(innen)figur einerseits und zum Autor beziehungsweise der Autorin andererseits möglich – wobei letztere eben nicht mehr als textintern konzipiert werden können, sondern Aspekte des Produktionskontextes und mithin die pragmatische Ebene tangieren. Die Erzähler(innen)rolle ist somit rein textintern letztlich nicht bestimmbar. Auch erweisen sich Merkmale von Literarizität oder Poetizität, wie sie im Rahmen formaler Ansätze zur Charakterisierung von Fiktionalität herangezogen werden,[16] nicht als eindeutiges Merkmal fiktionaler Texte: Aspekte von Literarizität finden durchaus auch in anderen als fiktionalen Texten Verwendung, und fiktionale Texte insbesondere der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts sind nicht selten der Alltagssprache angenähert. Entsprechend hat sich zunehmend die Auffassung eines Kontinuums zwischen literarischer und non-literarischer Sprache durchgesetzt.[17]

Im Rahmen semantischer Fiktionalitätstheorien wird – komplementär zum darstellungsbezogen-formalen Ansatz – versucht, unter Rückgriff auf inhaltliche Texteigenschaften zu einer eindeutigen Bestimmung von Fiktionalität zu gelangen. Fiktionale Texte werden, etwa mit Gottfried Gabriel, aufgefasst als eine Form des Als-Ob-Sprechens unter Suspendierung der Referentialisierungsregel.[18] Fiktionale Texte enthalten ›leere Extensionen‹ beziehungsweise ›nicht-erfüllte Prädikatoren‹, beziehen sich dieser Auffassung zu Folge also nicht auf Personen oder Gegenstände in der realen Welt.[19] Auch fiktive Elemente in diesem Sinne erweisen sich jedoch weder als hinreichend noch als notwenig zur Charakterisierung von Fiktionalität. Denn zum einen bauen fiktionale Texte durchaus auf der realen Welt auf, enthalten mehr oder weniger realitätsadäquate oder auch referentialisierbare Elemente (das Venedig der Donna Leon beispielsweise existiert durchaus). Zum anderen können auch non-fiktionale Texte (wie beispielsweise Mathematikaufgaben) durchaus fiktive Elemente beinhalten.[20] Auch im Rahmen einer semantischen Betrachtungsweise löst sich somit die Dichotomie zwischen Fiktion und Nicht-Fiktion tendenziell auf.

Pragmatische Fiktionalitätstheorien sind schließlich dadurch gekennzeichnet, dass hier nicht mehr versucht wird, Fiktionalität ausschließlich textintern zu modellieren. Statt dessen wird Fiktionalität als eine pragmatische Kategorie aufgefasst.[21] Texte sind demnach nicht fiktional, sondern Texte werden gegebenenfalls fiktional verwendet beziehungsweise, unter Verwendung autor(innen)seitiger Fiktionalisierungsoperationen, als fiktional (oder als faktisch) gesetzt.[22] Eine solche Setzung erfolgt in erster Linie mittels paratextueller Informationen (also etwa durch Genrebenennung, Klappentext, Waschzettel und so weiter), wobei die paratextuelle Charakterisierung eines Textes als vergleichsweise eindeutigster Hinweis auf die Werkkategorie angesetzt wird.[23] Darüber hinaus rekurrieren autor(innen)seitige Fiktionalisierungs- (oder Faktualisierungs-) Operationen allerdings durchaus auch auf ›Orientierungssignale‹, wie sie im Rahmen darstellungsbezogen-formaler sowie semantischer Ansätze postuliert werden. Zumindest aus pragmatischer Sicht schließen sich die drei Ansätze zur Charakterisierung von Fiktionalität somit keineswegs aus. Allerdings entfalten darstellungsbezogene und semantische Fiktionalitätssignale nach der pragmatischen Auffassung ihre Wirkung immer erst innerhalb eines Rahmens, wie er autor(innen)seitig durch den Paratext gesetzt wird; für sich genommen sind die Signale dagegen für eine Bestimmung von Fiktionalität meist nicht hinreichend (weder im Allgemeinen noch bezogen auf einen konkreten Text).[24]

Wenn dem pragmatischen Ansatz zu Folge Fiktionalität auch nicht mehr als Texteigenschaft konzipiert wird, so ist dies doch keineswegs gleich bedeutend damit, dass Werkkategorien und der Umgang mit ihnen beliebig wären. Vielmehr wird in pragmatischen Ansätzen davon ausgegangen, dass der Umgang mit den verschiedenen Werkkategorien beziehungsweise Texttypen konventional geregelt ist. So differenziert Siegfried Schmidt zwischen den Kommunikationssystemen alltäglicher und ästhetischer Handlungen. Während Kommunikation im alltäglichen Handlungssystem durch die Tatsachen- und die Monovalenzkonvention geregelt ist, sind diese Konventionen innerhalb des ästhetisch-literarischen Handlungssystems gerade suspendiert: Äußerungen werden hier nicht im Hinblick auf ihre Wahrheit und Nützlichkeit beurteilt, wie dies der Tatsachenkonvention entsprechen würde, sondern (in Übereinstimmung mit der Ästhetikkonvention: siehe oben 1.) nach Kriterien wie beispielsweise Neuheit, Gefallen und so weiter. Texte werden im Rahmen dieses Ansatzes aufgefasst als »eine Menge von Instruktionen an Kommunikationspartner«.[25]

Komplementär fokussiert Umberto Eco die Rezeptionsseite der Konvention, wenn er von einem »Fiktionsvertrag« zwischen Autor(in) und Leser(in) ausgeht, dem zu Folge sich Leser(innen) bei der Rezeption eines Textes als fiktional darüber im Klaren sind, dass mit dem Text kein unmittelbarer Wirklichkeitsanspruch erhoben, der Text nicht als referentialisierbare Aussage über die reale Welt zu rezipieren ist.[26] Eine solche übereinstimmende Setzung eines Textes als fiktional sowohl durch den/die Autor(in) als auch durch die Leser(innen) wird von Jürgen Landwehr auch als »ko-intentionale« Form der Rezeption bezeichnet.[27] Damit wird zugleich auch noch einmal deutlich, dass die Konzeptualisierung von Fiktionalität als pragmatischer Kategorie nicht zuletzt rezeptionsseitig erhebliche Freiräume eröffnet: Ein(e) Rezipient(in) kann beispielsweise einen autor(innen)seitig als faktisch gesetzten Text (zum Beispiel einen Reisebericht) in ko-intentionaler Weise als Aussage über die Wirklichkeit rezipieren – muss einen solchen Wirklichkeitsbezug jedoch keineswegs notwendig herstellen, sondern kann den Text beispielsweise auch unabhängig von jedem Wirklichkeitsbezug unter ästhetischen Gesichtspunkten als ›gute Geschichte‹ goutieren.

2.2 Ein Drei-Perspektiven-Modell von Realitäts-Fiktions-Unterscheidungen

Unter Rückgriff insbesondere auf die pragmatischen Ansätze haben Irmgard Nickel-Bacon, Norbert Groeben und Margr_it Schreier ein Drei-Perspektiven-Modell von Realitäts-Fiktions-Unterscheidungen entwickelt, das es ermöglichen soll, die traditionelle Dichotomie von ›Fiction‹ und ›Non-Fiction‹ zu Gunsten einer Rekonstruktion unterschiedlicher Aspekte des Realitäts- beziehungsweise Fiktionalitätsstatus von Medienprodukten zu überwinden.[28] Innerhalb des Modells werden die drei Theorieansätze als drei Perspektiven rekonstruiert, die bei der Beurteilung des Realitätsstatus eines Medienprodukts zum Tragen kommen können. Dies ist erstens die pragmatische Perspektive der Werkkategorie, wobei die Autor(inn)en neben den traditionellen Werkkategorien Fiction und Non-Fiction als dritte Kategorie das Hybridprodukt einführen, das sich keinem der beiden Pole eindeutig zuordnen lässt. Zweitens wird eine semantisch-inhaltliche Perspektive angesetzt; unter diesem Gesichtspunkt enthalten Medienprodukte mehr oder weniger reale und irreale, plausible und unplausible und entsprechend mehr oder weniger wirklichkeitsnahe beziehungsweise -ferne Inhaltskomponenten. Die Beurteilung der Wirklichkeitsnähe oder -ferne des Inhalts von Medienprodukten wird dabei stets als subjektives Urteil vor dem Hintergrund des je individuellen Weltwissens von Autor(inn)en auf der einen und Rezipient(inn)en auf der anderen Seite konzipiert. Als dritte Perspektive setzen Nickel-Bacon et alii unter Rückbezug auf darstellungsbezogen-formale Ansätze den Produkt- beziehungsweise den Rezeptionsmodus an. Auf der Produktseite ist damit beispielsweise die Frage thematisch, welche Sinneskanäle durch das Medium angesprochen werden, in dem das Produkt realisiert ist; auch die Gestaltung des Medienprodukts, die Verwendung stilistischer Mittel, sprachlicher Register und so weiter sind dieser Perspektive zuzuordnen. Auf der Rezeptionsseite dagegen steht unter der Modusperspektive die Real-Life-Nähe beziehungsweise -Ferne des Rezeptionserlebens im Mittelpunkt, etwa im Sinne der Involviertheit, des Spannungserlebens, des Rezeptionsgenusses.

Von den Ansätzen literaturwissenschaftlicher Provenienz unterscheidet sich das Drei-Perspektiven-Modell zunächst darin, dass sein Geltungsbereich nicht auf den textuellen Bereich beschränkt ist; auch eine Fokussierung auf die Werkkategorie der Fiction-Produkte findet nicht statt. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass das Modell auf Produkte in unterschiedlichen Medien gleichermaßen anwendbar ist, wobei Medialitätsunterschiede sich in erster Linie unter Rückgriff auf den Produktmodus rekonstruieren lassen. Weiterhin machen die Autor(inn)en die in den literaturwissenschaftlichen Ansätzen meist nur implizit enthaltene Annahme explizit, dass die Zugehörigkeit eines Medienprodukts zu den Werkkategorien Fiction und Non-Fiction gleichermaßen der Signalisierung (beziehungsweise der Aufnahme dieser Signale im Rahmen einer ko-intentionalen Rezeption) bedarf. Nickel-Bacon et alii gehen also davon aus, dass Medienprodukte unter der pragmatischen, der semantisch-inhaltlichen und der Modus-Perspektive gleichermaßen Signale aufweisen, die rezeptionsseitig in die Beurteilung des Realitätsstatus des Produkts eingehen können. Allerdings – und dies stellt eine weitere zentrale Annahme innerhalb des Modells dar – werden die drei Perspektiven als weitgehend voneinander unabhängig konzipiert. Die Signale unter den verschiedenen Perspektiven können zwar gleichsinnig ausfallen, müssen dies jedoch nicht. Es ist zu vermuten, dass verschiedene Genres durch je spezifische Ausprägungsmuster von Faktizitäts- und Fiktionalitätssignalen unter den drei Perspektiven gekennzeichnet sind. So finden sich beispielsweise im Märchen klare paratextuelle Fiktionalitätssignale (›Es war einmal ...‹) in Kombination mit wirklichkeitsfernen Elementen auf der semantisch-inhaltlichen Ebene (zum Beispiel irreale Entitäten wie Hexen, Zwerge und so weiter) und einem ritualisiert-formelhaften Darstellungsmodus (zum Beispiel Verwendung von Darstellungselementen wie ›drei Wünsche‹). In einem kontemporären Krimi sind dagegen paratextuelle Fiktionalitätssignale (Genreangabe, juristische Entlastungsformel) gemeinsam mit durchaus wirklichkeitsnahen inhaltlich-semantischen Elementen und, unter der Modusperspektive, mit einer Darstellungsform kombiniert, die zumindest von der Intention her auf ein Real-Life-nahes Rezeptionserleben im Sinne von Spannung ausgerichtet ist. Wissenschaftssendungen wiederum sind paratexuell eindeutig als Non-Fiction gekennzeichnet, können aber durchaus wirklichkeitsferne inhaltliche Elemente enthalten (wie etwa Quarks oder Schwarze Löcher) und gegebenenfalls auch durchaus ›trocken‹ (im Sinne von Real-Life-fern) gestaltet sein. In allen diesen Fällen ist eine ko-intentionale Rezeption der Produkte jedoch vor dem Hintergrund des jeweiligen Paratextes durchaus möglich: Wenn der Krimi noch so involvierend und wirklichkeitsnah ist, so ist er durch den Paratext doch eindeutig als Fiktion ausgewiesen; und die Wissenschaftssendung mag zwar Unglaubliches berichten, erhebt aber qua Paratext einen klaren Wirklichkeitsanspruch. Diese Rekonstruktion je unterschiedlicher Ausrichtungen von Fiktionalitäts- und Faktualitätshinweisen unter den drei Perspektiven verdeutlicht zugleich, dass innerhalb des Modells davon ausgegangen wird, dass zwischen Fiction- und Non-Fiction-Produkten fließende Übergänge bestehen.

3. Die Rekonstruktion von Pseudo-Dokumentationen im Rahmen des Drei-Perspektiven-Modells

Im Folgenden soll der Hybridstatus der Pseudo-Dokumentationen Blair Witch Project und Citizens for Truth unter Rückgriff auf das Drei-Perspektiven-Modell rekonstruiert werden. Auf dieser Grundlage (wie auch im Vergleich mit anderen Internet-basierten Pseudo-Dokumentationen) lassen sich ansatzweise erste Merkmale des Genres der Pseudo-Dokumentation identifizieren.

3.1 Zur Rekonstruktion ausgewählter Pseudo-Dokumentationen

Wendet man das Drei-Perspektiven-Modell auf The Blair Witch Project an, so zeigt sich zunächst, dass eben diese klare paratextuelle Verankerung des Produkts fehlt.[29] Weder im Kino noch im Internet findet sich ein Hinweis der Art »Die folgenden Personen und Ereignisse sind frei erfunden« oder »The Blair Witch Project – ein Spielfilm«. Der einzige unmittelbar ersichtliche Hinweis auf die Werkkategorie des Produkts ist vielmehr Teil des Plot: Die drei Studierenden sind aufgebrochen, um eine Dokumentation zu drehen; wenn der Film einen Zusammenschnitt des gefundenen Materials darstellt, so legt dies – fälschlicherweise – nahe, dass es sich bei dem Film ebenfalls um eine Dokumentation handelt. Dieser Eindruck wird zusätzlich noch dadurch verstärkt, dass im US-amerikanischen Fernsehen kurz vor dem Kinostart des Films die angebliche Dokumentationssendung The Curse of the Blair Witch ausgestrahlt wurde, die weiteres Hintergrundmaterial zu dem Verschwinden der drei Studierenden enthalten sollte – eine Pseudo-Dokumentation zur Pseudo-Dokumentation also. Erst die letzten Zeilen des Nachspanns zum Film enthalten einen indirekten, ironisierenden Indikator dafür, dass dieser Hinweis auf den dokumentarischen Charakter des Films so wörtlich doch nicht zu nehmen ist, wenn es heißt: »Die Fahndung wird unterstützt von DIESEL/ARTHAUS Filmverleih«.

Auch unter der Modusperspektive dominieren die Hinweise darauf, dass es sich bei The Blair Witch Project um eine Dokumentation handelt. So findet sich auf der Internet-Seite all das, was man von einer solchen Seite erwarten würde, wenn tatsächlich drei Menschen verschwunden wären: die Fotos der Vermissten, die Interviews mit Freunden und Verwandten, die Fahndungsmeldungen in den Nachrichten. Die Fahndungsmeldungen sind kurz und im Nachrichtenstil abgefasst, die Verwandten und Freunde sind angemessen betroffen, und bei dem gefundenen Material selbst handelt es sich ganz offensichtlich um verwackelte, grobkörnige Amateuraufnahmen auf 16mm-Film sowie auf Video. Dieser hohe Eindruck von Authentizität wird weiter durch die schiere Materialfülle verstärkt, wie sie insbesondere auf der Homepage zum Film realisiert ist.

Unter der semantischen Perspektive überwiegen dagegen die Hinweise auf die Fiktionalität von The Blair Witch Project. Im Zentrum des Films und der Webseite steht die Hexe mit ihren Untaten seit dem 18. Jahrhundert – nach unserem allgemeinen Wirklichkeitsverständnis existieren jedoch weder Hexen, noch sind Menschen mehr als 200 Jahre nach ihrem Tod in der Lage, Unheil in der Welt anzurichten. Weiterhin werden die vermeintlichen Opfer der Hexe (wie im Übrigen auch das Filmmaterial der Studierenden selbst) stets an Orten gefunden, an denen sie sich nach menschlichem Ermessen nicht befinden können. Schließlich lässt sich auch das Setting des Films – der nächtliche Wald mit seinen für den Stadtmenschen erschreckenden Geräuschen – als Hinweis auf das Horrorgenre und somit als Fiktionalitätsindikator rekonstruieren.

Der pseudo-dokumentarische Charakter von The Blair Witch Project wird also dadurch erzeugt, dass einerseits ein dokumentarischer Status suggeriert wird, während andererseits direkte paratextuelle Hinweise auf den fiktionalen Werkcharakter des Produkts fehlen. Zugleich stehen die Indikatoren unter der semantischen und der Modusperspektive in Widerspruch zueinander: Während mittels der Darstellungsweise ein Eindruck hoher Authentizität erzeugt wird, sprechen die Inhalte dafür, dass es sich um ein fiktionales Produkt handelt.

Noch stärker ist der dokumentarische Eindruck, der durch die Internet-Seiten der Citizens for Truth erzeugt wird. Unter der pragmatischen Perspektive fehlt jeglicher direkte Hinweis, dass es sich um eine fiktive Organisation handelt. In der Tat enthält die Seite nur einen expliziten paratextuellen Indikator, der – wie bereits im Fall von The Blair Witch Project – in die Handlung quasi eingebaut ist: die Erstellung eines Dokumentarfilms über die Aufdeckung der wahren Geschehnisse mit dem Titel Nothing so strange. Folgt man dem Link auf die Internetseite zum Film, wird auch hier die Fiktion einer Dokumentation durchgängig aufrecht erhalten. Mit einer, ausgesprochen indirekten, Ausnahme: Die Filmgesellschaft ist identisch mit der Gesellschaft, die bereits The Blair Witch Project produziert hat. Unter der pragmatischen Perspektive können also nur solche Rezipient(inn)en den geplanten Film – und damit vermutlich auch den Netzauftritt der Citizens for Truth – als Fiktion erkennen, die mit dem Genre der Pseudo-Dokumentation bereits vertraut sind.

Unter der Modusperspektive ist die Internet-Seite der Citizens for Truth eindeutig im Stil einer ›echten‹ Bürgerbewegung gestaltet: Die Seite beinhaltet Angaben zu der Organisation selbst und ihren Zielen; die Mitglieder der Exekutive werden vorgestellt; es findet sich dort das Programm der Jahreskonferenz 2000; es kann ein Newsletter abonniert, es können T-Shirts, Spray-Schablonen mit dem Logo der Organisation bestellt werden. Auch die Angaben zur Kontroverse über den Tathergang sind zahlreich: Der Tathergang wird im typischen Presse-Stil rekonstruiert; Ungereimtheiten werden aufgezeigt; es finden sich Protokolle der Interviews mit den Zeug(inn)en und sogar eine Kopie des angeblichen Polizeiberichts. Außerdem werden die Mitglieder der Organisation zu eigenen Aktionen aufgefordert, die auf weiteren Internet-Seiten dokumentiert sind.[30] In diesem Zusammenhang stellen die Betreiber der Seite auch zusätzliche, vor allem juristische Informationen zu so genannten Grassroots-Aktivitäten vor – und bei den Internet-Seiten, auf die dabei mittels Links verwiesen wird, handelt es sich um durchaus reale Internet-Seiten von ebenso realen Organisationen, wie beispielsweise der Schritt-für-Schritt-Anleitung der American Civil Liberties Union zum Thema: Using the Freedom of Information Act.[31] Nicht nur entspricht der Internet-Auftritt der Citizens for Truth somit den Konventionen für die Selbstdarstellung einer solchen Bürgerbewegung, sondern die fiktiven Seiten sind darüber hinaus mit realen Seiten verbunden.

Wiederum finden sich die eindeutigsten Hinweise darauf, dass es sich bei den Citizens for Truth um eine fiktive Organisation, bei der Ermordung von Bill Gates um eine Fiktion handelt, unter der semantischen Perspektive. Soweit wir wissen, ist Bill Gates durchaus lebendig, und aufgeregte Berichte über seine Ermordung sind nie durch die Presse gegangen – der Kern der Handlung steht also erstens in eindeutigem Widerspruch zu unserem Weltwissen. Als zweiter Fiktionalitätsindikator lässt sich die Parallelität zwischen der angeblichen Ermordung von Bill Gates und der Ermordung John F. Kennedys rekonstruieren. Diese Parallelität ist nicht nur im Tathergang angelegt, sondern setzt sich auch in den Aufbau des Internet-Auftritts hinein fort; so findet sich etwa im Zusammenhang mit der angeblichen Ermordung von Bill Gates eine Seite mit der Frage an Rezipient(inn)en zu dem Thema: Wo waren Sie, als Bill Gates ermordet wurde? Von diesen beiden Aspekten abgesehen sind die Inhalte der Internet-Seiten jedoch durchaus realistisch und plausibel: die Ermordung einer Person des öffentlichen Lebens, Unstimmigkeiten bezüglich des Tathergangs, Bürgerbewegungen, die versuchen, Licht in das Dunkel etwaiger behördlicher Vertuschungsversuche zu bringen – all dies ist durchaus denkbar. Ein zusätzliches Detail verdient es, erwähnt zu werden: Der angebliche Polizeibericht ist nach dem ermittelnden Staatsanwalt als Garcetti-Report benannt – und »Garcetti« heißt auch der in Los Angeles tatsächlich amtierende Staatsanwalt, der dieser Verwendung seines Namens im Rahmen der Internet-Fiktion zugestimmt haben soll.

3.2 Die Merkmale des Genres der Pseudo-Dokumentation

Inzwischen finden sich bereits mehrere Varianten dieses neuen Genres im Internet. Nicht immer ist dabei das Spiel mit den Fiktionalitätsindikatoren unter der pragmatischen Perspektive so subtil und indirekt wie in den beiden Fällen, wie sie hier dargestellt wurden. Den Seiten For the Love of Julie etwa – dem fiktionalen Tagebuch eines Psychopathen – ist der Hinweis vorangestellt, dass es sich um Fiktion handelt;[32] auch die Produktion Ally Farson, bei der die Rezipient(inn)en aufgefordert werden, sich an der Suche nach der Serienmörderin dieses Namens zu beteiligen, enthält einen Hinweis darauf, dass Ally Farson Fiktion ist; dieser ist allerdings im Rahmen der Frequently Asked Questions versteckt und somit keineswegs augenfällig.[33] Als ein erstes Merkmal des Genres der Pseudo-Dokumentation lässt sich somit festhalten, dass eine klare und gut sichtbare Rahmung des Produkts als Fiction meist fehlt. Auf den ersten Blick findet sich statt dessen – als Teil des fiktionalen Plot – eine paratextuelle Charakterisierung des Produkts als Non-Fiction (etwa als Dokumentation, als Tagebuch, als Fahndungsaufruf und anderes mehr); die Rahmung als Fiction erfolgt dagegen lediglich indirekt und ist zumindest zum Teil auch nur für solche Personen verständlich, die bereits ein gewisses Genrewissen aufgebaut haben.

Unabhängig von solchen mehr oder weniger direkten paratextuellen Hinweisen seitens der Produzent(inn)en der Seiten zeichnen sich jedoch unter der inhaltlich-semantischen Perspektive bereits erste Genre-Konventionen ab, die ihrerseits ebenfalls als Fiktionalitätsindikatoren wirksam werden können: So sind die Inhalte von Pseudo-Dokumentationen häufig an den Krimi oder an Detektiv-Spiele angelehnt: In The Blair Witch Project sind drei Personen verschwunden; in Citizens for Truth geht es um die Aufklärung eines Verbrechens sowie die Unzulänglichkeiten der damit befassten polizeilichen Ermittlungen; auf Cassandra's Site bittet eine fiktive Cassandra die Rezipient(inn)en um Unterstützung bei der Suche nach ihrem Freund Paul, der sich in einen gefährlichen Adepten der schwarzen Magie verwandelt hat und so weiter.[34] Zu einer zweiten Konvention könnte sich der Verweis auf einen angeblichen Dokumentarfilm entwickeln, der über die Aufklärung der geschilderten Ereignisse gedreht werden soll oder bereits gedreht wurde. Dieses Motiv findet sich beispielsweise bei Blair Witch Project, Citizens for Truth sowie bei Ally Farson.

Die erste dieser Konventionen, das heißt die Anlehnung an den Kriminalroman oder -film, hat zudem den Vorteil, dass sie nahtlos die Einbindung der Rezipient(inn)en selbst in die Fiktion ermöglicht: Wenn diese sich mit E-Mails an der Suche nach Ally Farson, Cassandras Freund Paul oder dem Vater von Peter (My Son Peter) beteiligen,[35] werden sie selbst zu einem Teil der Fiktion. Diese rudimentäre Form von Interaktivität stellt ein weiteres Charakteristikum einer Subgruppe der Pseudo-Dokumentationen dar, hier unter der Modusperspektive. Auch über dieses Merkmal hinaus ist die Ausgestaltung der entsprechenden Internet-Seiten unter der Modusperspektive bestimmend für das Genre der Pseudo-Dokumentation: Es ist die – insbesondere in den hier vorgestellten Beispielen – geradezu perfekte stilistische Imitation von ›echten‹ Internet-Seiten, Fahndungsberichten, Nachrichtensendungen, die Einbindung einer Fülle scheinbar authentischer Details wie etwa Fotomaterial, Tonbandaufnahmen, Tagebuchaufzeichnungen, die Vernetzung der fiktiven mit realen Internet-Seiten, die den Eindruck der Dokumentation erzeugen – der erst durch den Widerspruch zu unserem Weltwissen oder durch mehr oder weniger direkte Hinweise auf den fiktionalen Charakter der Seiten als ›pseudo-dokumentarisch‹ entlarvt wird.

4. Zur Rezeption von Pseudo-Dokumentationen

Wie aber reagieren Rezipient(inn)en auf die Entwicklung solcher Hybridprodukte? Sind sie sich beispielsweise darüber im Klaren, dass es sich bei dem Film und den Netzseiten zu The Blair Witch Project oder bei der Suche nach Cassandras Freund Paul um Fiktion handelt – oder hat das Spiel mit Realitäts- und Fiktionsindikatoren im Internet sowie die extrem realistische Machart des Films die Rezipient(inn)en verwirrt, vielleicht sogar dazu geführt, dass der Film in der Tat als Dokumentation wahrgenommen wird?

Um möglichst spontane Rezeptionen des Films zu erfassen, wurde als Untersuchungsmaterial auf E-Mails aus solchen Newsgruppen, das heißt aus Diskussionsgruppen im Internet, zurückgegriffen, in denen der Film thematisch war; es handelte sich hier also jeweils um spontane Reaktionen von Rezipient(inn)en. In die Untersuchung wurde eine Zufallsstichprobe von 1.157 sowohl englisch- als auch deutschsprachigen E-Mails aus der Zeit vom Juni 1999, also kurz vor dem Anlaufen des Films in den USA, bis April 2001 einbezogen (aus einer Gesamtanzahl von über 27.000 E-Mails, die bei Eingabe des Suchbegriffs »Blair Witch Project« in Google angezeigt wurden).

Die Auswertung erfolgte mittels Inhaltsanalyse – einem Verfahren zur systematischen, intersubjektiven Erfassung von Textbedeutungen.[36] Dabei werden die relevanten Bedeutungsaspekte mittels eines so genannten Kategoriensystems in Form von Kategorien spezifiziert und expliziert. Im nächsten Schritt ordnen mindestens zwei Personen (die Kodierer(innen)) die zu analysierenden Texte oder Textteile (hier: E-Mails) diesen Kategorien zu. Je mehr die Kodierer(innen) in ihrer Wahrnehmung der Textbedeutungen übereinstimmen, desto eher ist davon auszugehen, dass es gelungen ist, die tatsächlichen Bedeutungen zu erfassen.

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden zwei Kategoriensysteme entwickelt. Mit dem ersten Kategoriensystem wurde ermittelt, ob in den E-Mails überhaupt Gesichtspunkte von Realität und Fiktion angesprochen wurden; solche E-Mails, in denen das der Fall war, wurden als relevant, die verbleibenden als irrelevant klassifiziert. Von den 1.157 E-Mails in der Stichprobe erwiesen sich 319 in diesem Sinne als relevant (davon 109 deutsch- und 210 englischsprachige), das heißt 27.3 Prozent.[37] In den irrelevanten E-Mails wurden Gesichtspunkte wie beispielsweise das Gefallen des Films im Allgemeinen, die Qualität der Video- oder der DVD-Fassung und anderes mehr angesprochen. Berücksichtigt man zusätzlich den Zeitpunkt, zu dem die E-Mails verfasst wurden, so wird deutlich, dass der Prozentsatz relevanter E-Mails etwa sechs Monate nach dem Kinostart des Films abrupt zurückgeht. In den ersten sechs Monaten nach dem Start sind Gesichtspunkte von Realität und Fiktion in 38.6% der E-Mails thematisch, in den folgenden Monaten nur noch in durchschnittlich 6.7%. In den ersten sechs Monaten machen Gesichtspunkte von ›Realität‹ und ›Fiktion‹ somit einen erheblichen Anteil der Newsgruppen-Kommunikation über The Blair Witch Project aus.

Eine Inhaltsanalyse mittels des zweiten Kategoriensystems wurde nur für die 319 relevanten E-Mails durchgeführt. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, welche Aspekte von Realität und Fiktion genau thematisch waren und wie der Realitätsstatus des Films im Einzelnen bewertet wurde. Die Erstellung des Kategoriensystems erfolgte deduktiv-induktiv: Die Entwicklung der Oberkategorien wurde deduktiv unter Rückgriff auf das oben dargestellte Modell von Realitäts-Fiktions-Unterscheidungen mit den drei Perspektiven – pragmatisch, semantisch, modusbezogen – vorgenommen; diese Oberkategorien wurden im Rahmen von Probekodierungen anhand einer zusätzlichen Stichprobe von E-Mails induktiv weiter konkretisiert. Als zusätzliche induktive Oberkategorien wurden nach einer Sichtung dieses Materials die Kategorien »Scherzhafter Umgang mit Realität und Fiktion« sowie »Sonstiges« eingeführt. Das resultierende Kategoriensystem umfasst insgesamt 52 Kategorien, das heißt 52 verschiedene Aspekte von Realitäts-Fiktions-Unterscheidungen bezogen auf den Film The Blair Witch Project.[38]

Kategorie

N

Werkkategorie

148

Inhaltsperspektive

78

Modusperspektive

191

Scherzhaftes Spiel

27

Sonstiges

37

Tabelle 1: Nennungshäufigkeiten der Oberkategorien

Aus Tabelle 1 geht hervor, dass der Realitätsstatus des Films von den Verfasser(inne)n der E-Mails unter allen drei Modellperspektiven diskutiert wird; auf die Modusperspektive entfallen dabei die meisten Nennungen, gefolgt von der pragmatischen Perspektive der Werkkategorie und, an dritter Stelle, der inhaltlich-semantischen Perspektive. Die Besetzungshäufigkeiten für die beiden induktiv eingeführten Oberkategorien liegen demgegenüber deutlich niedriger. Diese Relationen der Besetzungshäufigkeiten lassen sich als Hinweis darauf auffassen, dass das Drei-Perspektiven-Modell geeignet ist, die zentralen Aspekte der Diskussion des Realitätsstatus von Medienprodukten auch tatsächlich abzubilden.

Im Hinblick auf die Diskussion der Werkkategorie des Films wurde mit dem Kategoriensystem zunächst erfasst, ob der Film in den E-Mails als Fiction, Non-Fiction oder als Hybrid wahrgenommen wurde, oder ob eine eindeutige Kategorisierung der Wahrnehmung des Films unter diesem Gesichtspunkt nicht möglich war. Weiterhin wurde ermittelt, ob diese Einschätzung in der Form erfolgte, dass die E-Mail-Verfasser(innen) den Film mit Sicherheit dieser Werkkategorie zuordneten, ob sie die Zuordnung in Form einer Frage vornahmen, oder ob sie eine Meinungsänderung zum Ausdruck brachten.


Non-Fiction

Hybrid

Fiction

unentschieden

Fragestellung

5

1

1

21

Feststellung

2

2

56

Meinungsänd.

0

-

7

Gesamt

7

3

64

21

Tabelle 2: Wahrnehmung der Werkkategorie des Films

Wie Tabelle 2 zeigt, wird die Frage der Werkkategorie des Films von insgesamt 95 Personen thematisiert. Darunter sind sich 58 Personen (also 61%) sicher, dass der Film entweder Fiktion oder ein Hybridprodukt darstellt. Auch wird der Film kaum jemals eindeutig als Non-Fiction klassifiziert. Summiert man die Besetzungshäufigkeiten für die verbleibenden Zellen in der Tabelle auf – das entspricht denjenigen Personen, die den Film nicht eindeutig und durchgängig einer bestimmten Werkkategorie zuordnen –, so zeigt sich allerdings, dass weitere 37 Personen (etwa 37%) zumindest zeitweise hinsichtlich der Werkkategorie von The Blair Witch Project unsicher sind.

Des Weiteren wurde kodiert, aus welchen Gründen die Rezipient(inn)en den Film einer bestimmten Werkkategorie zuordnen würden. Da die Mehrzahl der Verfasser(innen) der E-Mails den Film als Fiction wahrnehmen, dominieren auch die Begründungen für die Zuordnung des Films zu dieser Werkkategorie. Dafür, dass es sich bei The Blair Witch Project um Fiktion handelt, spricht nach der Auffassung der Mail-Schreiber(innen) am stärksten die Marketing-Strategie, die dem Film zu Grunde liegt; auch Informationen aus anderen Medienprodukten werden genannt. Auffallend ist hier, dass lediglich vier Personen den Paratext am Ende des Films erwähnen; die schiere Unmöglichkeit von Hexerei wird sogar nur in drei Fällen als Grund für die Klassifikation des Films als Fiction angeführt. Unter den E-Mail-Verfasser(inne)n, die The Blair Witch Project zumindest potenziell für ›echt‹ halten, dominiert insbesondere ein Grund, nämlich entsprechende Information aus anderen Medienprodukten (insbesondere aus der Internetseite zum Film sowie aus der Pseudo-Dokumentation zur Pseudo-Dokumentation: The Curse of the Blair Witch). Die Begründungen der Diskussionsteilnehmer(innen) für ihre Wahrnehmung der Werkkategorie des Films zeigen somit, dass insbesondere dem Medienwissen sowie medial vermittelten Informationen eine zentrale Rolle zukommt; dies gilt noch einmal in verstärktem Maß für diejenigen Personen, die zumindest zeitweise die Möglichkeit in Betracht ziehen, es könnte sich bei dem Film um eine tatsächliche Dokumentation handeln. Weltwissen und paratextuelles Wissen haben demgegenüber als Begründung für den fiktionalen Status des Films nur geringe Bedeutung.

Neben der Diskussion der Werkkategorie kommt vor allem der Thematisierung der Modusperspektive in den Newgsruppen-Diskussionen ein zentraler Stellenwert zu, wobei die Nennungen sich zu gleichen Anteilen über die Produkt- und die Rezeptionsperspektive verteilen (96 beziehungsweise 95 Nennungen). Dabei betonen die Diskussionsteilnehmer(innen) insbesondere den Realismus des Films. Unter der Produktperspektive betrifft dies beispielsweise die Verwendung von Bildmaterial in amateurhafter Qualität (sechzehn Nennungen), die ausgezeichneten Schauspieler(innen) (vierzehn Nennungen) sowie vor allem die Vorgehensweise, die schrecklichen Geschehnisse nicht direkt zu zeigen, sondern weitgehend der Vorstellungskraft der Rezipient(inn)en zu überlassen (26 Nennungen). Unter der Rezeptionsperspektive empfindet weitaus die Mehrheit der Diskussionsteilnehmer(innen) den Film als spannend und angsterregend (80 von 95). Bei 23 Personen hält das Angstempfinden sogar über die Dauer der Filmrezeption hinaus an. Und neunzehn Diskussionsteilnehmer(innen) weisen die anderen darauf hin, dass der Film umso mehr Angst evoziert, je weniger man im Voraus über die Hintergründe seiner Entstehung und insbesondere darüber weiß, dass es sich letztlich um eine Form der Fiktion handelt. Das realistische Erleben des Films unter der Modusperspektive wird hier also gerade von der Unsicherheit hinsichtlich der Werkkategorie des Films abhängig gemacht.

Unter der semantischen Perspektive – die gegenüber der Modus- und der pragmatischen Perspektive in den analysierten E-Mails die vergleichsweise geringste Rolle spielt – dominiert die Diskussion um die Frage, inwieweit die Handlungsweise der Protagonist(inn)en in dem Film als plausibel und glaubwürdig gelten kann. Von 62 Personen sind etwa zwei Drittel (n = 42) der Ansicht, dass die Handlung als eher unplausibel gelten muss. Unplausibel erscheint es den Diskussionsteilnehmer(inne)n beispielsweise, dass die Protagonist(inn)en nicht wussten, wie man einen Kompass verwendet, dass sie nicht einfach dem Verlauf des Flusses gefolgt waren oder dass sie trotz ihrer Angst weiter gefilmt haben sollten. Handlungselemente, die zu unserem Weltwissen in klarem Widerspruch stehen (wie beispielsweise die Existenz von Hexen), werden dagegen von den Diskussionsteilnehmer(inne)n in diesem Zusammenhang kaum genannt.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass The Blair Witch Project unter der pragmatischen Perspektive zwar mehrheitlich als Fiction eingestuft wird, dass ein nicht unerheblicher Teil der E-Mail-Verfasser(innen) jedoch zumindest vorübergehend hinsichtlich der Werkkategorie des Films verunsichert ist. Unter der Inhaltsperspektive wird der Film eindeutig als unplausibel, unter der Modusperspektive schließlich ebenso eindeutig als realistisch wahrgenommen.

5. Ausblick

Im vorliegenden Zusammenhang ist insbesondere die Bewertung von The Blair Witch Project unter der pragmatischen Perspektive von Interesse. Dass die Machart des Films als realistisch wahrgenommen wird, dass es die Zuschauer(innen) gruselt, auch nachdem sie das Kino wieder verlassen haben – das sind Formen der Überschneidung von Realität und Fiktion, wie man sie auch in Folge der Rezeption traditioneller Medienprodukte findet: So mögen sich manche Zuschauer(innen) von The Blair Witch Project dazu entschlossen haben, den nächsten Urlaub besser nicht mit Camping zu verbringen. Ebenso sollen Rezipient(inn)en des Films Der weiße Hai noch Jahre später gezögert haben, im Meer zu schwimmen, und die Reaktionen der Zuschauerinnen auf die Duschszene in Hitchcocks Psycho sind hinlänglich bekannt.[39] Dennoch würde vermutlich niemand so schnell auf den Gedanken kommen, dass Der weiße Hai oder Psycho eine Dokumentation darstellt. Hier ist den Zuschauer(inne)n vielmehr durchaus bewusst, dass es sich um gänzlich fiktionale Horrorfilme handelt, um Psycho-Thriller – und eben diese Sicherheit ist es, die zumindest bei etwa einem Drittel der Verfasser(innen) der hier analysierten E-Mails fehlt: Bei Mischprodukten, bei Doku-Fiction(s) wie The Blair Witch Project existieren – bisher – kaum feste Genre-Konventionen, und diese Unsicherheit kann dazu führen, dass für manche Rezipient(inn)en wenigstens zeitweise die Grenze zwischen Realität und Fiktion verschwimmt.

Gegen diese Befunde ließe sich einwenden, dass sie anhand einer Stichprobe von Personen gewonnen wurden, die sich spontan an Diskussionen über den Film im Internet beteiligt haben. So ist beispielsweise nicht auszuschließen, dass es sich hier um einen Kreis von Personen handelt, die hinsichtlich ihrer Rezeption des Films von vornherein in höherem Maß verunsichert waren, als dies für die Zuschauer(innen) des Films im Allgemeinen gilt. Gegen diesen Einwand sprechen jedoch die Befunde zweier weiterer Studien, die sich derzeit in der Auswertungsphase befinden. In einer ersten Studie wurde ein Vergleich der Diskussion von The Blair Witch Project in Internet-Diskussionsgruppen mit der Internet-Diskussion eines anderen Horrorfilms vorgenommen, der etwa zur selben Zeit in die Kinos kam und ebenfalls einen Überraschungserfolg darstellte: The Sixth Sense. Auch aus den Diskussionen um diesen Film wurde eine Zufallsstichprobe gezogen, und für diese Stichprobe wurde ebenfalls eine zweischrittige inhaltsanalytische Auswertung im Hinblick auf die Thematisierung von Realitäts- und Fiktions-Aspekten vorgenommen. Wenn die Auswertung auch noch nicht abgeschlossen ist, so zeichnet sich doch ein Befund bereits zum jetzigen Zeitpunkt deutlich ab: Eine Diskussion der Werkkategorie von The Sixth Sense findet praktisch nicht statt; sofern die Werkkategorie überhaupt angesprochen wird, handelt es sich meist um eine Diskussion der Frage, inwieweit der Film dem Genre des Horrorfilms oder eher dem des Supernatural Thriller zuzuordnen ist. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Werkkategorie bei eindeutig fiktionalen Medienprodukten eine solche Selbstverständlichkeit darstellt, dass sie gar nicht erst zum Diskussionsgegenstand wird. Komplementär wird an dem Vergleich der Diskussionen um die beiden Filme auch deutlich, dass alleine die Thematisierung einer Zuordnung von The Blair Witch Project zur Werkkategorie der Fiktion als Ausdruck einer gewissen Unsicherheit seitens der Rezipient(inn)en anzusehen ist: Dass der Film überhaupt explizit einer Werkkategorie zugeordnet wird – auch wenn es sich dabei um die Werkkategorie der Fiction handelt – ist bereits Ausdruck rezeptionsseitiger Verunsicherung.

Weiterhin lassen sich die Befunde zu The Blair Witch Project mit den Ergebnissen einer Interviewstudie zur Rezeption der ausschließlich internetbasierten Pseudo-Dokumentation Ally Farson vergleichen (n = 28).[40] Auf der Website werden die Rezipient(inn)en aufgerufen, sich an der Fahndung nach der angeblichen Serienmörderin Ally Farson zu beteiligen; die Seite enthält eine ausführliche Biographie der Täterin, Abschriften von Zeugenbefragungen der Polizei, angeblich sogar Videos der Morde, die Ally Farson einer Filmgesellschaft hat zukommen lassen. Auch hier zeigt sich, dass das Medienprodukt mehrheitlich durchaus korrekt als Fiction wahrgenommen wird, dass jedoch etwa ein Drittel der Befragten mit Verunsicherung reagiert, was den Realitätsstatus der Website betrifft: Obwohl die Befragten im Verlauf des Interviews mit Anhaltspunkten für den fiktionalen Status des Medienprodukts konfrontiert werden (unter anderem mit dem paratextuellen Hinweis, dass eine Person namens Ally Farson nie existiert hat), sind ein Drittel sich weiterhin unsicher, ob es sich bei der Website nicht doch um einen echten Fahndungsaufruf handeln könnte. Dieses Ergebnis bestätigt den Befund der Inhaltsanalyse von E-Mails zu The Blair Witch Project, dass Hybridprodukte zwar mehrheitlich als fiktional erkannt werden, dass es aber offensichtlich auch Personen gibt, die in Bezug auf den Realitätsstatus solcher Produkte verunsichert reagieren. Zugleich scheint die Verunsicherung in Bezug auf Ally Farson jedoch größer zu sein als hinsichtlich The Blair Witch Project: Während die entsprechenden Rezipient(inn)en von Blair Witch Project mehrheitlich lediglich Unsicherheit darüber zum Ausdruck bringen, ob es sich bei dem Film tatsächlich um Fiction handelt, ziehen die unsicheren Rezipient(inn)en von Ally Farson durchaus die Möglichkeit in Erwägung, dass das Produkt eine tatsächliche Fahndungsseite darstellen könnte; außerdem halten sie an dieser Möglichkeit auch fest, nachdem sie mit konkreten Argumenten für den fiktionalen Status des Produkts konfrontiert wurden.

Wenn man einmal davon ausgeht, dass die Anzahl solcher Pseudo-Dokumentationen insbesondere im Internet in Zukunft eher noch zunehmen wird, so stellt sich die Frage, woran Rezipient(inn)en sich bei ihrer Beurteilung des Realitätsstatus dieser Produkte orientieren; dies betrifft insbesondere die Frage, ob solche Rezipient(inn)en, die zumindest die Möglichkeit in Erwägung ziehen, dass es sich bei einer Pseudo-Dokumentation um ein faktisches Produkt handeln könnte, sich an anderen Informationen orientieren als diejenigen Personen, die das Produkt eindeutig als fiktional erkennen. Die Ergebnisse der Untersuchung zu The Blair Witch Project lassen vermuten, dass hier vor allem zwei Gesichtspunkte eine Rolle spielen: Dies sind erstens Informationen aus anderen Medienprodukten; auf solche Informationen wird in den hier analysierten E-Mails vor allem dann verwiesen, wenn es darum geht, die Rezeption des Films als Non-Fiction, als eine Form der Realitätsdarstellung, zu stützen. Zweitens wird auf Wissen um die Vermarktungsstrategie zurückgegriffen, also auf Wissen um das Spiel mit Realität und Fiktion, wie es auf der Internetseite zum Film realisiert wird; es handelt sich hier also um eine spezielle Form der Information über andere Medien, die vor allem dann zum Tragen kommt, wenn es darum geht, die Rezeption des Films als Fiktion zu begründen. Der Paratext sowie Gesichtspunkte des Weltwissens spielen demgegenüber in der Diskussion um den Realitätsstatus des Films praktisch keine Rolle; auch Hinweise darauf, dass es zumindest nach unserem derzeit geltenden Wirklichkeitsverständnis keine Hexen gibt, der Film also schon auf Grund seines Inhalts als Fiktion einzustufen wäre, finden sich kaum.

Im Rahmen der Rezeptionsstudie zu Ally Farson wiederholt sich zunächst der Befund, dass die Rezipient(inn)en sich bei der Beurteilung des Realitätsstatus dieses Medienprodukts kaum am Paratext orientieren; dies gilt unabhängig davon, welcher Werkkategorie die Rezipient(inn)en das Produkt schlussendlich zuordnen. Bei den Personen, die der Ansicht sind, dass Ally Farson einen tatsächlichen Fahndungsaufruf darstellen könnte, fällt in ihren Begründungen weiterhin eine große Unsicherheit auf – und zwar Unsicherheit sowohl, was die Möglichkeiten und Konventionen des Internet betrifft, als auch Unsicherheit im Hinblick auf die amerikanische Kultur, in der Ally Farson entstanden ist. Diese Rezipient(inn)en bringen zum Ausdruck, dass ihnen die Maßstäbe für eine Beurteilung dessen fehlen, was vor allem im US-amerikanischen Internet als glaubhaft gelten kann und was nicht. Bei den Begründungen der Untersuchungsteilnehmer(innen), die Ally Farson eindeutig für fiktional halten, fällt demgegenüber auf, dass sie sich besonders häufig auf ihre Kenntnis vergleichbarer Medienprodukte stützen, und zwar in erster Linie auf ihre Kenntnis von The Blair Witch Project. Diese Begründung findet sich im Übrigen auch im Rahmen von Internet-Diskussionen der Rezipient(inn)en anderer pseudo-dokumentarischer Internet-Produkte. Als beispielsweise ein verwirrter Besucher der Bill-Gates-Seiten die Frage stellt, ob Gates tatsächlich tot sei, erhält er von einem anderen Diskussionsteilnehmer den Hinweis darauf, dass es sich um eine Pseudo-Dokumentation nach demselben Muster wie The Blair Witch Project handele. Und auch im Rahmen von Cassandra's Site wird auf die Internet-Vermarktung dieses Films verwiesen, wenn eine Diskussionsteilnehmerin – in freier Übersetzung – schreibt, dass auf diese Seite ja wohl niemand hereinfallen könne – sie sei nichts als ein zweitklassiger Abklatsch von The Blair Witch Project. [41]

The Blair Witch Project erweist sich hier somit als Prototyp des neuen Genres der Pseudo-Dokumentation im Internet und zugleich als Grundlage für den Aufbau genrebezogenen Wissens durch die Rezipient(inn)en. Angewandt auf Nachfolgeprodukte im Internet, ermöglicht dieses Wissen die Klassifikation der entsprechenden Produkte als Hybride beziehungsweise als Fiktionen, die lediglich den Anschein erwecken, eine Dokumentation darzustellen. Zugleich fällt jedoch auf, dass die Teilnehmer(innen) an den dargestellten Untersuchungen sich bei ihrer Rezeption der Pseudo-Dokumentationen allenfalls in geringem Maß auf Wissen über den Paratext oder auf Weltwissen stützen; bei der Beurteilung des Realitätsstatus der fraglichen Medienprodukte wird vielmehr in erster Linie Wissen aus anderen Medien herangezogen – Wissen, das im Kontext anderer Kulturen oder neuer Medien wie etwa dem Internet auch von einigen Rezipient(inn)en selbst nicht als hinreichende Beurteilungsgrundlage empfunden wird. Wesentliche produktseitige Fiktionssignale, die die Werkkategorie dieser Hybridprodukte anzeigen, bleiben auf diese Weise rezeptionsseitig ungenutzt. Der Frage, warum dies der Fall sein sollte – ob Rezipient(inn)en sich beispielsweise über die Bedeutung entsprechender Signale nicht im Klaren sind oder es in der Mediengesellschaft quasi verlernt haben, das eigene Weltwissen als Beurteilungsgrundlage heranzuziehen –, wird in weiteren Untersuchungen nachzugehen sein.

Margrit Schreier (Bremen)

Prof. Dr. Margrit Schreier
International University Bremen
School of Humanities and Social Sciences
P.O. Box 750 561
D-28725 Bremen
m.schreier@iu-bremen.de
(11. März 2004)
[1] Dieser Beitrag entstand im Rahmen des DFG-Projekts ›Realitäts-Fiktions-Unterscheidung(en)‹, Az. SCHR 594/1 (Leitung: Margrit Schreier und Norbert Groeben); ich danke der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ihre Unterstützung.
[2] Citizens for Truth (2000 – 2002). <http://www.citizensfortruth.org> (31.1.2004).
[3] Zum Beispiel: Jack Perdue: Bill Gates is dead (2000 – 2002). <http://www.billgatesisdead.com> (31.1.2004); Unsharp Mask: Nothing so strange (2000 – 2001). <http://www.nothingsostrange.com> (31.1.2004).
[4] Vgl. z.B. Jane Roscoe/Craig Hight: Faking it. Mock-documentary and the subversion of factuality. Manchester, New York: Manchester University Press 2001.
[5] Siegfried J. Schmidt: Grundriss der empirischen Literaturwissenschaft. Braunschweig u.a.: Vieweg 1980.
[6] Rolf Wilhelm Brednich: Die Spinne in der Yucca-Palme. Sagenhafte Geschichten von heute. München: Beck 2002, S. 102ff.
[7] Norbert Groeben/Margrit Schreier: Die Grenze zwischen (fiktionaler) Konstruktion und (faktueller) Wirklichkeit: mehr als eine Konstruktion? In: Guido Zurstiege (Hg.): Festschrift für die Wirklichkeit. Opladen: Westdeutscher Verlag 2000, S. 165-184.
[8] Jane Roscoe/Craig Hight: Faking it. (Fußnote 4).
[9] Norbert Groeben/Margrit Schreier: Die Grenze zwischen (fiktionaler) Konstruktion und (faktueller) Wirklichkeit. (Fußnote 7).
[10] The Blair Witch Project, <http://www.blairwitch.com> (31.1.2004).
[11] Zu Konzeptionen von Interaktivität in Computerumgebungen vgl.: Sally McMillan: A four-part model of cyber-interactivity. In: New Media and Society 4 (2002), S. 271-291; Peter Vorderer: Interactive entertainment and beyond. In: Dolf Zillmann/ders. (Hg.): Media entertainment. The psychology of its appeal. Mahwah: Erlbaum 2000, S. 21-36; zum Konzept der Social Presence s.: Gary Bente/Anita Petersen/Nicole Krämer: Virtuelle Realität als Gegenstand und Methode in der Psychologie. In: dies. (Hg.): Virtuelle Realitäten. Göttingen u.a.: Hogrefe 2002, S. 1-32.
[12] XPT Ltd.: Online Caroline, <http://www.onlinecaroline.com> (31.1.2004). Eine vergleichbar konzipierte partizipativ-immersive Online-Soap derselben Firma, Planet Jemma, wurde vor kurzem ins Netz gestellt: XPT Ltd.: Planet Jemma (2003), <http://www.planetjemma.com> (31.1.2004).
[13] Im Überblick: Irmgard Nickel-Bacon/Norbert Groeben/Margrit Schreier: Fiktionssignale pragmatisch. Ein medienübergreifendes Modell zur Unterscheidung von Fiktion(en) und Realität(en). In: Poetica 32 (2000), S. 267-299.
[14] Käte Hamburger: Die Logik der Dichtung. Stuttgart: Klett Cotta 1977³, S. 59-78.
[15] Zum Beispiel: Dorritt Cohn: Signposts of fictionality: A narratological perspective. In: Poetics Today 11 (1990), S. 775-804; Karlheinz Stierle: Was heißt Rezeption bei fiktionalen Texten? In: Poetica 7 (1975), S. 345-387.
[16] Zum Beispiel: Jürgen H. Petersen: Fiktionalität als Redestatus. Ein Beitrag zur literaturwissenschaftlichen Grundlagenforschung. In: Sprachkunst 26 (1995), S. 139-163; Heinz Schlaffer: Poesie und Wissen. Die Entstehung des ästhetischen Bewusstseins und der philologischen Erkenntnis. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1990, hier S. 144.
[17] Vgl. z.B. Andereggs Bezeichnung einer poetischen bzw. einer instrumentellen Sprachverwendung als »Welt der Übergänge«: Johannes Anderegg: Das Fiktionale und das Ästhetische. In: Dieter Henrich/Wolfgang Iser (Hg.): Funktionen des Fiktiven. München: Fink 1983, S. 153-172, hier S. 172. Ebenso formuliert Searle die These der Kontinuität zwischen dem Literarischen und dem Non-Literarischen: John R. Searle: The logical status of fictional discourse. In: New Literary History 6 (1975), S. 319-332, hier S. 319f.
[18] Gottfried Gabriel: Fiktion und Wahrheit. Eine semantische Theorie der Literatur. Stuttgart: Frommann Holzboog 1975.
[19] Ebd.; vgl. auch: Donatus Thürnau: Gedichtete Versionen der Welt. Nelson Goodmans Semantik fiktionaler Literatur. Paderborn u.a.: Schöningh 1994, hier S. 50f., 70ff.
[20] Achim Barsch: Fiktion/Fiktionalität. In: Ansgar Nünning (Hg.): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Stuttgart: Metzler 1998, S. 149f.
[21] Pragmatische Ansätze werden z.B. vertreten von: Umberto Eco: Im Wald der Fiktionen. Sechs Streifzüge durch die Literatur (Norton-Lectures 1992-1993). München, Wien: Hanser 1994; Wiklef Hoops: Fiktionalität als pragmatische Kategorie. In: Poetica 11 (1979), S. 281-317; Jürgen Landwehr: Text und Fiktion. Zu einigen literaturwissenschaftlichen und kommunikationstheoretischen Grundbegriffen. München: Fink 1975; Siegfried J. Schmidt: Ist Fiktionalität eine linguistische oder eine texttheoretische Kategorie? In: Elisabeth Gülich/Wolfgang Raible (Hg.): Textsorten: Differenzierungskriterien aus linguistischer Sicht. Frankfurt a. M.: Athenäum 1972, S. 59-80.
[22] Zur autor(inn)enseitigen Setzung von Texten als fiktional vgl. Wolfgang Iser: Das Fiktive und das Imaginäre. Perspektiven literarischer Anthropologie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1993; siehe auch Gebhard Rusch: Fiktionalisierung als Element von Medienhandlungsstrategien. In: Studia Poetica 10 (1997), S. 123-138.
[23] Umberto Eco: Im Wald der Fiktionen, S. 166. (Fußnote 21); Gérard Genette: Paratexte. Frankfurt a. M./New York: Campus 1992.
[24] Vgl. ausführlich: Irmgard Nickel-Bacon/Norbert Groeben/Margrit Schreier: Fiktionssignale pragmatisch. (Fußnote 13).
[25] Siegfried J. Schmidt: Grundriss. (Fußnote 5); Ders.: Ist Fiktionalität eine linguistische oder eine texttheoretische Kategorie, S. 63. (Fußnote 21).
[26] Umberto Eco: Im Wald der Fiktionen, S. 103. (Fußnote 21).
[27] Jürgen Landwehr: Fiktion oder Nichtfiktion. Zum zweifelhaften Ort der Literatur zwischen Lüge, Schein und Wahrheit. In: Helmut Brackert/Jörn Stückrath (Hg.): Literaturwissenschaft. Ein Grundkurs. Reinbek: Rowohlt, S. 491-504.
[28] Irmgard Nickel-Bacon/Norbert Groeben/Margrit Schreier: Fiktionssignale pragmatisch. (Fußnote 13).
[29] Norbert Groeben/Margrit Schreier: Die Grenze zwischen (fiktionaler) Konstruktion und (faktueller) Wirklichkeit. (Fußnote 7).
[30] Citizens for Truth, <http://www.citizensfortruth.org/gallery/> (31.1.2004).
[31] ACLU Freedom Network: Using the Freedom of Information Act, <http://archive.aclu.org/library/foia.html> (31.1.2004).
[32] For the Love of Julie: Bis Ende März war die Seite zugänglich unter: <http://www.creepysites.com/gron/julie> (28.3.2003), wurde dann jedoch aus dem Netz genommen. In der Zwischenzeit ist unter <http://www.fortheloveofjulie.com> (31.1.2004) eine Nachfolgeseite entstanden, die die bisherigen Geschehnisse weiterführt, derzeit jedoch lediglich aus zwei Tagebucheinträgen besteht
[33] Ally Farson, <http://www.allyfarson.com> (31.1.2004).
[34] Cassandra’s Site, <http://www.creepysites.com/gron/cassandra> (31.1.2004).
[35] My Son Peter, <http://www.mysonpeter.com> (31.1.2004).
[36] Zur Inhaltsanalyse vgl. z.B. Ruth Rustemeyer: Praktisch-methodische Schritte der Inhaltsanalyse. Eine Einführung. Münster: Aschendorff 1992.
[37] Die Übereinstimmung zwischen den Kodierer(inne)n betrug 0.72, was nach J. R. Landis/Gary G. Koch als »sufficient« zu bewerten ist; vgl. J. R. Landis/Gary G. Koch: The measurement of observer agreement for categorical data. In: Biometrics 33 (1977), S. 159-174, hier S. 165.
[38] Die Übereinstimmung zwischen den Kodierer(inne)n zum Abschluss der Probekodierung lag je nach Kategorie zwischen 0.66 und 0.88 und ist damit nach Landis/Koch als »substantial« bzw. »almost perfect« zu bewerten: Ebd. Zu den Kategoriensystemen und den Untersuchungsergebnissen vgl. auch: Margrit Schreier/Christine Navarra/Norbert Groeben: Das Verschwinden der Grenze zwischen Realität und Fiktion. Eine inhaltsanalytische Untersuchung zur Rezeption des Kinofilms The Blair Witch Project. In: Achim Baum/Siegfried Schmidt (Hg.): Fakten und Fiktionen: Über den Umgang mit Medienwirklichkeiten. Konstanz: UVG, S. 271-282.
[39] Zu anhaltenden Angstreaktionen in Folge von Filmrezeptionen vgl.: Joanne Cantor: Fright reactions to mass media. In: Jennings Bryant/Dolf Zillmann (Hg.): Media Effects. Advances in Theory and Research. Mahwah, NJ: Erlbaum 2002, S. 287-306.
[40] Ally Farson. (Fußnote 33).
[41] Cassandra's Site. (Fußnote 34).