VORWORT

Der größere Teil der folgenden Beiträge geht auf eine Konferenz zurück, die im Dezember 2003 anläßlich des fünfjährigen Bestehens des Jahrbuchs für Computerphilologie stattfand und vom Jahrbuch für Computerphilologie und dem Promotionsstudiengang Literaturwissenschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München ausgerichtet wurde. Der etwas unbescheidene Titel der Konferenz lautete The State of the Art in Humanities Computing. Ziel der Konferenz war es nicht, einen überblick über das jeweilige Forschungsfeld zu geben, sondern aus ihrer jeweiligen Perspektive die Forschungsfront zu bezeichnen. Was ist in allerletzter Zeit an neuen Ergebnissen erbracht worden und welche aktuellen Trends oder welche aktuellen Forschungsprobleme können die Beiträger jeweils ausmachen? Wir möchten uns hier noch einmal ganz ausdrücklich für die großzügige finanzielle Unterstützung durch den Promotionsstudiengang Literaturwissenschaft bedanken, die die Konferenz erst möglich gemacht hat.

Ein Alter von fünf Jahren ist eigentlich noch kein Anlaß, zurück zu blicken, aber es sei hier doch zumindest an einige wichtige Stationen der letzten Jahre erinnert. Die Idee zu einer Internet-Publikation entstand 1996 und zwar, wie wohl die meisten akademischen Ideen, während eines kurzen Gesprächs auf dem Gang zwischen den Büros. Das Projekt startete als Website mit einer ausführlichen Linksammlung und Informationen zu dem, was im Englischen als ›Humanities Computing‹ bezeichnet wird, konzentrierte sich aber von Anfang an auf die literaturwissenschaftlichen Aspekte und ließ Computerlinguistik, quantitative Methoden in der Geschichtswissenschaft und anderes beiseite. Ziel war es, die Literaturwissenschaft um ein neues Forschungsfeld zu ergänzen und auch ein wenig herauszufordern. Außerdem interessierte es uns, mit den Möglichkeiten des Online-Publizierens zu experimentieren.

Den nächsten Schritt machte das Projekt mit dem Entschluss, dass ein Teil der dort publizierten Texte auch im Druck erscheinen sollte. Wir hatten vor allem zwei Gründe für diesen Entschluss: Wir wollten unseren zumeist jüngeren Kollegen, die im Jahrbuch publizierten, etwas in die Hand geben können, das auch in den Augen der älteren Kollegen, die über ihren Berufsweg entschieden, Substanz hatte. Außerdem war zu diesem Zeitpunkt das Problem der Langzeitarchivierung nicht wirklich gelöst.

Wir hatten das große Glück, Michael Kienecker als Verleger gewinnen zu können, der eben seinen eigenen Verlag mentis gegründet hatte und der, vorausschauender als viele in seiner Branche, die neuen Möglichkeiten und Probleme der digitalen Welt sah. Er ermöglichte uns die Publikation des Jahrbuchs ohne externe Finanzierung und hat uns in vielfältiger Weise unterstützt.

Das Jahrbuch 2 brachte einen Wechsel in der Herausgeberschaft mit sich: Volker Deubel verließ uns und Georg Braungart kam hinzu. Auch die Website änderte sich. Anfangs hatte sie noch einen großen Serviceteil enthalten, der sich an Literaturwissenschaftler im allgemeinen richtete – nicht zuletzt, um unsere Kollegen zu diesem neuen Forschungsfeld zu locken. Das erwies sich als ausgesprochen erfolgreich, aber auf Dauer konnten wir schon aus Zeitgründen diesen allgemeinen Teil nicht weiter aufrechterhalten und seine Funktion ist schon längst durch spezialisierte Projekte von anderen übernommen worden.

Das Jahrbuch hat stets versucht, auch inhaltlich den allgemein interessierten Literaturwissenschaftler anzusprechen und neben den vor allem an den Insider gerichteten Fachartikeln auch überblicksdarstellungen zu bringen. Dazu zählen auch Serviceleistungen im Forum Computerphilologie, wie etwa die CD-ROM-Liste, die alle CDs mit digitalen Editionen verzeichnet. Den größeren Anteil haben aber sicherlich die fachwissenschaftlichen Beiträge zu allen möglichen Aspekten der Computerphilologie, sei es nun der klassische Schwerpunkt des elektronischen Edierens, sei es das E-Learning für Literaturwissenschaftler oder auch so für viele noch ungewöhnliche Themen wie Computerspielanalyse und die Rekonstruktion von alten Theatern in virtuellen Welten. All den Beiträgern der letzten Jahre besten Dank.

Bereits nach fünf Jahren kann man feststellen, dass viele der Themen und Fragestellungen, die anfangs exotisch waren, heute sehr viel selbstverständlicher geworden sind, und wir hoffen daher, dass unser Wunsch, den einschlägig interessierten Wissenschaftlern ein Diskussionsforum zu bieten, auch in Zukunft in Erfüllung gehen kann.

Ein besonderer Dank für ihre unermüdliche Mitarbeit am Projekt, an der Website und dem Jahrbuch geht – wie jedes Jahr – an Dr. des. Uta Klein und für die umsichtige Besorgung der Erstkorrekturen in diesem Band an Frau Claudia Pichlmayr.

Georg Braungart/Karl Eibl/Fotis Jannidis