Das Internet: 
Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten
für Germanisten

Allgemeines

Das Internet hat inzwischen große Popularität erreicht; oft nicht so sehr wegen seiner Inhalte, sondern wegen des technisch Machbaren. Im folgenden soll es allerdings weniger um virtuelle Welten und weltweit zugängliche Multimedia-Spektakel gehen, sondern vielmehr um die - technisch gesehen - recht simplen Möglichkeiten, die das Internet Germanisten bietet, um mit Kollegen und Studenten zu kommunizieren und für die wissenschaftliche Arbeit zu recherchieren.

Die wesentlichen Vorteile sind schnell genannt: Elektronische Post (E-Mail) ermöglicht eine sehr schnelle und problemlose Kommunikation mit Fachkollegen und Verlagen. Leseprogramme für das World Wide Web ermöglichen den Zugriff auf bibliographische Informationen in zahlreichen Bibliotheken und Online-Datenbanken sowie in verstärktem Maße auf die Primär- und Sekundärtexte selbst sowie auf Kontextinformationen.

Kommunikation

E-Mail

Das Internet bietet die Möglichkeit, mit Kollegen, die geographisch weit verstreut sein können, in einen kontinuierlicheren Austausch zu treten. Drei unterschiedliche Einrichtungen existieren dazu: E-Mail, E-Mail-Listen und das sogenannte Usenet. Als E-Mail, also elektronische Post, wird das Versenden von Informationen von einer Adresse zu einer anderen bezeichnet. Diese Informationen können einfache Briefe sein, aber auch Binärdateien, z.B. die Dateien einer Textverarbeitung oder Bilder. Auf diese Weise kann man seinem Brief den neuesten Aufsatz beilegen oder auch sein abgeschlossenes Buch zum Verlag befördern.

Eine E-Mail-Adresse hat man meist automatisch, sobald man einen Internetzugang hat. Sie hat ungefähr folgendes Format: Benutzername@domain.Endung. Die E-Mail-Adresse wird von links nach rechts gelesen immer abstrakter, z.B.: goethe@microsoft.com oder fotis.jannidis@lrz.uni-muenchen.de. Die Endung "de" bedeutet, daß es sich um eine Institution in Deutschland handelt, "uni-muenchen" bezeichnet die Universität, und "lrz" ist die Abkürzung für das Leibniz Rechenzentrum, das den Zugang zum Internet zur Verfügung stellt. Die Endung "com" bezeichnet kommerzielle Server. Der Name vor dem @ kann tatsächlich wie in den Beispielen der Personenname sein oder auch nur der Name, den die Person für den Rechnerzugang erhalten hat.

Eine E-Mail besteht aus zwei Teilen, einem sogenannten ›Header‹ und dem ›Content‹. Im Header, den ersten Zeilen der E-Mail, stehen die Informationen, die normalerweise auf dem Briefumschlag stehen, also Absender, Adressat, aber auch kurze Angaben zum Inhalt des Briefs (›Subjekt‹) und einige technische Informationen, aus denen z.B. ersichtlich wird, welchen Weg der Brief genommen hat. Der Content ist dann der eigentliche Briefinhalt, der oft nur aus wenigen Zeilen Text besteht, denen noch die ›Signature‹ angehängt ist, eine kurze Information über den Absender.

E-Mails sind übrigens nicht sonderlich "abhörsicher", wenn man sie nicht verschlüsselt, denn sie bestehen im Grunde nur aus einer Textdatei, oben der Header, gefolgt vom Inhalt, und diese Datei wird von einem Rechner zum anderen automatisch weitergereicht, bis sie ihr Ziel erreicht. Dieser technische Hintergrund bestimmt auch die Behandlung der angehängten Dateien und der Briefe selbst. Das Internet ›versteht‹ nämlich nur 7-bit ASCII, soll heißen, es kann mit Umlauten nichts anfangen. Die angehängen Dateien werden deshalb bei neueren E-Mail-Programmen automatisch in ein Format konvertiert, in dem sie problemlos transportiert werden können - beim Empfänger werden sie wieder hergestellt. Doch im Brieftext selbst muß man Umlaute vermeiden, wenn man seine Briefe nicht mit einem Programm schreibt, das die Umlaute sofort ›entschärft‹ (Das Programm Pegasus Mail kann dies und anderes mehr und ist - für Universitätsangehörige - kostenlos im Internet zu finden).

Wie erfährt man, welche E-Mail-Adresse jemand hat? Die dezentrale Organisation des Internets bringt es mit sich, daß es für jede Art von Information nicht eine bestimmte, sozusagen die zuständige Stelle gibt. Für E-Mail-Adressen existieren einige Suchdienste (Beispiel), aber am besten ruft man denjenigen, dessen Adresse man braucht, einfach an und fragt ihn danach.

Der Vorteil von E-Mail ist zum einen die Schnelligkeit, mit der sie übermittelt wird - in den meisten Fällen nur wenige Stunden, manchmal nur Minuten -, und zum anderen, wie unkompliziert es ist, E-Mail zu produzieren und zu verschicken. Gegenüber dem Telefon hat dieses Medium den Vorteil, daß Sender und Empfänger den Zeitpunkt, an dem sie kommunizieren möchten, selbst bestimmen können; gegenüber dem Brief zeichnet es sich durch seine Schnelligkeit aus und seinen niedrigen Preis.

Mailing Listen

Als Empfänger einer E-Mail kann man nicht nur eine Person, sondern mehrere, ja ganze Listen festlegen. Dies, zusammen mit der schon erwähnten Möglichkeit, dem elektronischen Brief Dateien in allen Formaten beizulegen, macht E-Mail zu einem sehr nützlichen Instrument für Verwaltungstätigkeiten und Gruppenarbeiten. Es gibt eine ganze Reihe solcher Interessengruppen, die über E-Mail kommunizieren, sogenannte Listserv-Gruppen oder Mailing Listen. Da sie sich besonders für Themen eignen, die nur für wenige von Interesse sind, sind sie das ideale Werkzeug für Wissenschaftler.

Jede dieser Gruppen hat zwei E-Mail-Adressen. Die eine dient zur Verwaltung, an sie wendet man sich, wenn man Mitglied der Gruppe werden will oder seine Mitgliedschaft beenden will. Briefe, die an die andere Adresse geschickt werden, erreichen alle eingetragenen Gruppenmitglieder.

Eine Liste aller vorhandenen Listserv-Gruppen findet man hier. Eine umfassende, aber wie üblich nicht komplette Liste von Gruppen, die sich mit Literatur beschäftigen, ist unter dieser Adresse zu erreichen. Jede Gruppe wird kurz beschrieben, und es wird auch erklärt, bei welcher Adresse man sie abonnieren kann. Da der Umgang mit solchen Medien in der Germanistik noch nicht besonders weit verbreitet ist, gibt es wenige Gruppen, die sich ausschließlich mit deutschsprachigen Autoren beschäftigen, und in den allgemeineren Gruppen wird vieles diskutiert, das für Germanisten kaum von Interesse ist. Das Medium bringt es aber mit sich, daß man auch für germanistische Fragestellungen Diskussionspartner finden wird. Immerhin existiert eine Gruppe, die sich vor allem auf Belange der deutschen Kultur spezialisiert hat (H-German).

Es gibt allgemein orientierte Gruppen, etwa zur Linguistik, epochenspezifische, etwa zum 18. Jahrhundert, und personenspezifische, etwa zu Dante. Hier eine kleine Auswahl aus den Gruppen, die für Germanisten interessant sind:

18C-L Zum 18. Jahrhundert

comparative-literature Für Komparatisten

DERRIDA Über die Texte des frz. Philosophen

H-RHETOR Geschichte der Rhetorik

MEDIEV-L Zum Mittelalter

TEI-L Zu TEI, einem Standard für elektronische Editionen

Außer dem Austausch von Fachinformationen dienen die Gruppen zur Ankündigung von Veröffentlichungen; in der Gruppe, die sich auf das 18. Jahrhundert spezialisiert hat, werden sogar regelmäßig aktuelle Bibliographien verschickt. Diese Gruppen bilden auch den natürlichen Ansprechpartner für all diejenigen, die Online-Informationen zum Thema anbieten.

Einen Überblick über die Befehle dieser Mailing Listen findet man ebenfalls online. Die zwei wichtigsten Befehle sind diejenigen, mit denen man eine Gruppe abonnieren und wieder abbestellen kann. Der Befehl SUB 18C-L Christiane Vulpius als einzige Briefzeile an die Adresse LISTSERV@PSUVM.PSU.EDU geschickt, abonniert für Frau Vulpius die Listserv-Gruppe, die sich mit dem 18. Jahrhundert beschäftigt. Um die Gruppe wieder abzubestellen, reicht es aus, den Befehl UNSUB 18C-L an dieselbe Adresse zu schicken.

Einige der Gruppen sind moderiert; das bedeutet, daß jeder Brief, bevor er an alle Gruppenmitglieder weitergereicht wird, von einem Redakteur gelesen wird. Solche Gruppen haben meistens ein höheres Niveau als unmoderierte.

Usenet

Das dritte Medium zum themenspezifischen Austausch heißt ›Usenet‹. So wird eine umfangreiche Ansammlung von Nachrichtengruppen genannt, die allerdings nicht mehr mit einem E-Mail-Programm gelesen wird, sondern mit eigenen, dafür vorgesehenen Programmen. Das macht ihre Bedienung sehr viel einfacher und komfortabler. Damit kann man aus den rund 10.000 existenten newsgroups die für einen selbst wichtigen auswählen und abonnieren. Viele Newsreader verfügen über drei Fenster: In dem einen werden die abonnierten Gruppen gezeigt, in dem zweiten werden die Briefe der gerade markierten Gruppe mit Angabe des jeweiligen besonderen Themas aufgelistet und im dritten wird der Inhalt des ausgewählten Briefs angezeigt. Die Programme listen Briefe, die sich aufeinander beziehen, zusammen auf; dadurch entstehen Diskussionen, sogenannte threads, die Dutzende von verschiedenen Stellungnahmen umfassen können.

Auch hier stellt sich die Frage, wie man erfahren kann, welche Diskussions-Gruppen es gibt. Das organisiert ebenfalls die Software. Alle Programme kennen einen Befehl, der sie veranlaßt, alle für sie zugänglichen Gruppen aufzulisten. Diese Gruppen sind hierarchisch organisiert. Ein Name wie sci.lang bedeutet, daß es sich um eine Gruppe der Hierarchie "sci" handelt, die vor allem wissenschaftliche Untergruppen organisiert. Die Spezifizierung "lang" besagt, daß es sich um language dreht. Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine Diskussionsgruppe zur Linguistik. Sci.classics etwa befaßt sich mit römischer und altgriechischer Literatur. Da Usenet-Gruppen meist für eine größere Verkehrsdichte gedacht sind, gibt es wenige Gruppen, die für Germanisten direkt von Interesse sind, aber zahlreichere Gruppen, die Nachbardisziplinen gewidmet sind, z.B. sci.psychology.announce. Es gibt auch deutschsprachige Ableger dieser Gruppen, z.B. de.sci.psychologie, de.sci.soziologie und de.sci.philosophie.

Für viele Gruppen gibt es sogenannte FAQ (frequently asked questions), sie enthalten, meist in Frage-Antwort-Form, das Grundwissen zum jeweiligen Thema. Wer immer sich in dieser Gruppe äußern möchte, ist gehalten, erst einen Blick in die FAQ zu werfen, um zu sehen, wie originell der Beitrag und wie neu die Frage wirklich ist. Auch im Usenet gibt es moderierte Gruppen, für die das oben gesagte gilt.

Soweit das überhaupt zu überblicken ist, scheinen zur Zeit die für Germanisten interessanteren Gruppen nicht im Usenet, sondern als Mailing Listen zu existieren. Allerdings lohnt es sich sicherlich, die Mailing Listen und die Usenet Hierarchien sci. und de.sci im Auge zu behalten; jeden Tag werden neue Gruppen eingerichtet.

Information

Die Informationsfülle des Internets ist gewaltig, und ihr Wachstum ist beträchtlich. Möglich wurde dies unter anderem durch ein standardisiertes Dateiformat namens HTML, das die Integration von Text, Bild, Film und Ton erlaubt, und Programme, die dieses Format darstellen können, sogenannte Web-Browser. Das Erstellen von WWW-Seiten und noch mehr das Navigieren im Netz ist dadurch zu einer äußerst einfachen Angelegenheit geworden. Man muß die interessante Information nur noch anklicken.

Man spricht von einem Netz, weil die Seiten durch Verweise aufeinander verbunden sind. Auf diese Weise kann man sich durch die Millionen Seiten, die es inzwischen gibt, hindurchklicken. Innerhalb nur weniger Monate verdoppelt sich immer noch die Menge der angebotenen Seiten, da die Erstellung so einfach ist, und sie relativ wenig Platz wegnehmen. Moderne Web-Browser integrieren alle wesentlichen Dienste des Internet unter einer einfach zu bedienenden Oberfläche und haben viel dazu beigetragen, daß das Internet auch für den Computerlaien zugänglich wurde. Alle Informationen im Internet haben eine spezifische Adresse, eine URL (Uniform Resource Locator). Die Hinweise, die oben gegeben wurden, sind Beispiele für solche Angaben. Typischerweise sieht eine solche Adresse so aus: http://www.uni-muenchen.de/einstieg/vorwort.html. Die Angabe www.uni-muenchen.de ist ebenso aufgebaut wie der zweite Teil der E-Mail-Adressen; er verweist von rechts nach links gelesen auf einen bestimmten Computer im Internet. Die Angaben /einstieg/vorwort.html zeigen auf ein Dokument in einem Unterverzeichnis auf dem Rechner. Vor diesen Adressenangaben steht die Angabe des Protokolls, in diesem Fall http, das mit dem Dokument verbunden ist. Diese technischen Details sind für den Anwender normalerweise unwichtig. Man muß solche Adreßangaben nur genau abtippen und dabei auch auf die Groß- und Kleinschreibung der Vorlage achten, dann kommt man damit ans Ziel. Da die Adressen oft etwas komplizierter sind, kann man in fast allen Browsern die Adressen von Seiten, die man wieder besuchen möchte, in einer Liste abspeichern. Dann muß man nur noch die Liste aufrufen und die Adresse anklicken, um zum gewünschten Ziel zu gelangen.

Die Fülle der Informationen im Netz wird nur überwogen von der Unmenge an Unsinn, Selbstdarstellung und Werbung, die man dort finden kann. In diesem Urwald muß man sich zurechtfinden. Dazu dient eine Reihe von Suchmaschinen und thematischen Katalogen.

Eine der bekanntesten Suchmaschinen ist Lycos. Sie hat mehrere Millionen Webseiten gespeichert und ermöglicht über eine leicht bedienbare Maske den Zugriff auf diese Seiten. In dem größten Online-Katalog Yahoo kann man ebenfalls suchen, aber man kann auch wie in einem Sachindex nachschlagen, welche Seiten im Internet angeboten werden. Von Yahoo, Lycos und Altavista gibt es nun auch deutsche Ausgaben.  Da das Internet, wie schon gesagt, keine zentral organisierte Angelegenheit ist, ist keine dieser Datenbanken vollständig. Deshalb muß man meistens mehrere bemühen, um möglichst viel zu erfassen, oder eine sogenannte Meta-Suchmaschine, die das für einen übernimmt (z.B. Metacrawler). Die ZEIT bietet im Netz nicht nur eine schöne kleine Einführung ins Internet an, sondern beschreibt auch einige dieser Suchmaschinen und ermöglicht den Sprung dorthin. Eine interessante Einführung mit dem Titel Wissenschaftliches Arbeiten im WWW verspricht einen strukturierten Zugang zum Internet und führt auf jeden Fall in das Arbeiten mit Suchmaschinen detailliert ein.

Germanisten können online nach Buchtiteln, nach Aufsatztiteln und nach Volltexten recherchieren. Die Suche nach den Buchtiteln macht sich die Zwischenergebnisse einer heimlichen Revolution zunutze, der weltweiten Digitalisierung der Bibliotheken. Kaum eine Bibliothek hat sie schon abgeschlossen, die meisten haben erst die letzten Jahrzehnte erfaßt, aber einige sind schon weiter, und über die Anfrage bei einem Bibliotheksverbund hat man Zugriff auf mehrere Millionen Titel. Dankenswerterweise sind die meisten Online-Kataloge der Bibliotheken öffentlich zugänglich, und man kann auf diese Weise nicht nur bibliographische Angaben verifizieren, sondern über Stichwortabfragen auch sehr bequem nach neuen Titeln recherchieren.

Es gibt eine gutgepflegte Liste der deutschsprachigen Online Bibliotheken, von der aus man sich einfach zur gewünschten durchklicken kann. Bei einigen ist es auch möglich, online Bücher zu bestellen; das erspart - wenn man die Bücher selbst besorgen muß - zumindest einen Gang zur Bibliothek. Ein Beispiel für einen Bibliotheksverbund, auf dessen Schätze man mit einer sehr gut gemachten Oberfläche zugreifen kann, ist der Bayerische Bibliotheksverbund. Auf viele Bibliotheksrechner sind im Augenblick noch lediglich mit telnet zugänglich, einem Programm, das sozusagen die Bildschirmoberfläche des Bibliotheksrechners auf den eigenen Bildschirm holt. Diese Oberflächen sind selten benutzerfreundlich, daher ist es recht erfreulich, daß immer mehr Bibliotheken dazu übergehen, WWW-Schnittstellen einzurichten, die einfach mit dem Web-Browser bedient werden können.

Sind die Bücher noch im Druck, kann man entweder über das Verzeichnis lieferbarer Bücher oder den Sortimenterkatalog von Koch, Neff, Oetinger suchen. Die Angebote einer Reihe von Verlagen sind auch im Internet zugänglich; für wissenschaftliche Interessen ist sicherlich die Sammlung des Projekts Geist die interessanteste, da dort das Angebot einer Reihe von Wissenschaftsverlagen, u.a. Metzler und Niemeyer, durchblättert oder nach Stichworten durchsucht werden kann; einige Verlage des Projekts ermöglichen sogar die Lektüre der Abstracts.

Schwieriger ist es mit dem Zugriff auf Aufsätze in Zeitschriften und Sammelbänden. Das Deutsche Bibliotheksinstitut führt eine Zeitschriften-Datenbank, in der die Titel deutschsprachiger Periodika recherchiert werden können und außerdem eine Aufsatz-Datenbank (ab 1987), die allerdings bei weitem nicht vollständig ist.

Solange es in Deutschland kein Verlag schafft, eine Online-Bibliographie der Germanistik anzubieten, werden wohl auch hier ausländische Unternehmen führend sein. Die Bibliographie der Modern Language Association ist wohl nicht zugänglich, aber der Verlag Chadwyck Healey arbeitet an einer rückwärtigen Erschließung von mehreren tausend geistes- und sozialwissenschaftlichen Zeitschriften, unter denen sich auch einige für Germanisten relevante Titel befinden. Diese Datenbank ist zwar über das Internet zugänglich, aber gebührenpflichtig. Das gilt auch für das MUSE-Projekt, in dem ein amerikanischer Wissenschaftsverlag seine Zeitschriften digitalisiert, unter anderem auch die Modern Language Notes (MLN). Das MUSE-Projekt macht auch die Texte der Aufsätze zugänglich.

Volltexte von Wissenschaftsliteratur sind ansonsten kaum zugänglich. Nur ansatzweise und nur in angelsächsischen Ländern gibt es auch in den Geisteswissenschaften die Online-Publikation von Preprints. Anders verhält sich das mit der Primärliteratur. Recht großen Bekanntheitsgrad hat im Internet das Projekt Gutenberg, das jeden Monat mehrere Texte der Weltliteratur frei zur Verfügung stellt. Allerdings handelt es sich fast ausschließlich um englischsprachige Texte. Aber es gibt auch ein deutschsprachiges Projekt Gutenberg, bei dem man eine Reihe von deutschen Klassikern und Verweise auf andere deutsche Texte findet.

Die multimedialen WWW-Seiten eignen sich besonders gut dafür, themenspezifische Information in Hypertextform zu präsentieren. Dabei können sich didaktische Momente mit Forschungsaspekten zu einer ergiebigen Einheit verbinden. Ein solches Projekt, das zu einem Thema Primär- und Sekundärliteratur sowie weitere Kontextinformationen in besonders gelungener Weise bietet, ist das Kleist Archiv Sembdner der Stadt Heilbronn. Dort findet man Angaben zum Kleist-Archiv und vor allem eine ständig aktualisierte Bibliographie der Sekundärliteratur zu Kleist, die man auch auf den eigenen Rechner laden kann, sowie Kurzbiographien einiger Kleistforscher, Verweise auf andere WWW-Seiten, die sich mit Kleist befassen, und anderes mehr.

Aufgrund der Materialfülle ist für alle, die Interesse an Literaturtheorie haben, Alan Lius ›The Voice of the Shuttle‹  ein häufiger Anlaufpunkt. Neben knapp kommentierten Adreßhinweisen auf alle Aspekte literarischer Theorie gibt es dort auch Verzeichnisse zur Kulturtheorie und Philosophie.

Wo soll man bei dieser Fülle anfangen, um festzustellen, ob etwas für die eigenen Interessen dabei ist? Eine ansprechend gestaltete und umfassende Sammlung von Quellen im Internet, die sich auf Deutschland beziehen, ist die von Prof. Lixl-Purcell. Linguisten steht eine ausgesprochen große Kollektion linguistischer Links zur Verfügung. Mediävisten, die international auffallend stark im Internet präsent sind, haben mit der Mediävisten-Seite an der GH Essen einen guten Einstieg. Für Literaturwissenschaftler bietet das neue Projekt Computerphilologie neben anderem auch eine große Sammlung von relevanten Links, wie die Seitenverweise auch genannt werden. 

Ein Wort zur Warnung: Alle Adreß-Angaben waren zur Zeit der Niederschrift gültig. Die schnelle Entwicklung des Internets bringt es jedoch mit sich, daß Adressen ihre Gültigkeit ohne Vorwarnung verlieren können. Allerdings sind die meisten hier genannten Links und Diskussionsgruppen schon länger im Netz, und es steht zu erwarten, daß sie auch noch einige Zeit dort bleiben werden. Und noch etwas: Schon allein aus Platzmangel konnten hier nur sehr wenige interessante Adressen genannt und kurz beschrieben werden; es gibt noch viel mehr.

Technische Voraussetzungen

Nach diesem Überblick über die Möglichkeiten des Internets für Germanisten stellt sich die Frage, was man braucht, um im Internet zu arbeiten. Erstens einen Computer mit Internet-Software, zweitens einen Internetzugang. Der Computer sollte möglichst über eine grafische Benutzeroberfläche verfügen, also z.B. ein MS-Windows Rechner, ein Macintosh oder ein entsprechend ausgestatteter Unix-Rechner. Für all diese Plattformen ist das Programm ›Netscape‹ verfügbar, mit dem man fast alle hier vorgestellten Dienste im Internet verwenden kann. Netscape wie auch Internet Explorer, das bei weitem nicht so verbreitete Konkurrenzprodukt von Microsoft, sind für Universitätsangehörige kostenlos erhältlich. Sie finden sie im Internet selbst und manchmal auf CDs, die Computerzeitschriften beiliegen. Oft bietet das universitätseigene Rechenzentrum einen Diskettensatz mit allen notwendigen Programmen an.

Außer dem PC und der Software ist ein Internetzugang notwendig. Fast alle Universitäten sind inzwischen ans Internet angeschlossen, doch oft haben bislang nur die computernäheren Wissenschaften und Institute Zugang zu diesem Anschluß. Die hausinterne Vernetzung ist nicht ganz billig, und Germanistik ist heute nicht das prestigestärkste Fach der Universität; das sind zwei Faktoren, die sich ungünstig auf die Prioritätspositionierung der Vernetzung von germanistischen Instituten auswirken können. Zudem wissen viele Germanisten, insbesondere Literaturwissenschaftler, nicht, was sie mit dem Internetanschluß machen sollen, entsprechend gering ist ihr Interesse, diese Angelegenheit zu befördern.

Für den Anwender ist der Anschluß des Bürorechners an das hauseigene Netz die kostengünstigste Lösung. Ist das nicht machbar, so sollte man sich erkundigen, ob nicht die Möglichkeit besteht, sich von Zuhause aus über das Universitäts-Rechenzentrum in das Internet einzuwählen. Dabei werden einmal die Kosten für ein Modem fällig und bei jedem Zugriff aufs Netz die Telefongebühren, allerdings nur die vom Heim zum Telefonanschluß des Rechenzentrums, also in den meisten Fällen ein Ortsgespräch. Im allerschlimmsten Fall kann man für den Internetzugang auch einen sogenannten Provider verwenden; das ist eine Firma, die alle technischen Voraussetzungen gegen eine monatliche Gebühr zur Verfügung stellt. Große Provider in Deutschland sind z.B. America Online, Compuserve oder T-Online.

Viele Rechenzentren und auch die kommerziellen Provider haben inzwischen sehr genaue Anleitungen zur Installation des Modems und der Software entwickelt, die keinerlei technisches Vorwissen voraussetzen. Zudem findet man in fast allen Instituten inzwischen auch den einen oder die eine, die bereits einen Internetanschluß hat. Das Gespräch über die Probleme bei der Verwendung des Internets ist sicherlich eine der ersten Kommunikations- und Informationsnotwendigkeiten für den neuen Netzläufer.

Literaturhinweise:

In den meisten gutsortieren Buchhandlungen finden Sie Einführungen ins Internet. Da man diese Bücher gar nicht so schnell lesen kann, wie sie veralten, lohnt es sich kaum, mehr als ein dickes Taschenbuch zu kaufen - alles weitere kann man dann online lesen. Aber auch das neueste Taschenbuch kann schon zu alt sein, wenn es eine veraltete Übersetzung aus dem Amerikanischen ist.

Eine kleine Sammlung deutscher Einsteigertexte ist bei der Deutschen Internethilfe zu finden. Eine umfassendere Liste findet man unter dem Stichwort Internet bei Yahoo.
 

Fotis Jannidis (München)

Erstveröffentlichung in den Mitteilungen des Germanistenverbandes Dez. 1996
Überarbeitet für die Online-Publikation am 29.10.97.